Bács megyei püspöki körlevelek, 1930

— 19 — ehe Stifter selbst seiner Kirche als Pflicht über­lassen hat mit den Worten : „Mir ist alle Ge­walt gegeben im Himmel und auf Erden. Da­rum gehet hin und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hl. Geistes, und lehret sie alles halten, was immer ich euch geboten habe. Sehet, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Diesem Lehramt wurde von Christus zugleich mit dem Auftrag, seine Lehre zu übermitteln, die Unfehlbarkeit verliehen. Dadurch hat Christus die Kirche gegründet, damit sie zur Säule und Grundfeste der Wahr­heit gesetzt, den göttlichen Glauben lehre und den ihr anvertrauten Glaubensschatz rein und unversehrt bewahre. Der zweite Rechtstitel ist die übernatür­liche Mutterschaft, durch welche die Kirche, die unbefleckte Braut Christi, mit ihren Sakramen­ten und ihrer Lehre die Seelen zum göttlichen Gnadenleben gebiert, ernährt und erzieht. Kraft dieser zwei Rechtsgründe ist die Kirche die höchste und sicherste Lehrerin der Menschheit, und deshalb .gebührt ihr das un­verletzliche Recht auf freie Ausübung des Lehramts und zwar unabhängig von jedweder irdischen Macht. Sie hat das unabhängige Recht nicht nur ihren eigenen Gegenstand, d. h. die christliche Lehre zu üben, sondern auch alle notwendi­gen Mittel zu gebrauchen, und zwar in erster Richtung hat sie das Recht zu beurteilen in wieweit dieselben der christl. Erziehung nützlich oder schädlich sein können. Jede Lehrtätigkeit gleichwie alles mensch­liche Tun muss den Menschen zum letzten Ziel führen und darf sich darum den Vorschriften des göttlichen Gesetzes nicht entziehen, dessen Hüterin und unfehlbare Lehrerin die Kirche ist. Mit vollem Recht fördert daher die Kirche ausser ihrem ganzen Wirken für das Heil der Seelen die Literatur, die Wissenschaft und die Künste, sofern sie für die christliche Erziehung notwendig oder dienlich sind, indem sie für alle Fächer und für alle Kulturgrade eigene Schulen und Institute gründet und unterhält. Hieher gehört auch die sogenannte körperliche Erziehung, weil auch ihr der Begriff des Mittels an­haftet, das der christlichen Erziehung entweder nützen oder schaden kann. Diese Tätigkeit der Kirche verursacht den Staatsgesetzen nicht die geringste Unzu­träglichkeit, da die Kirche sich nicht dagegen sträubt, dass ihre Schulen für die Laien sich in jedem Lande den gesetzlichen Bestimmun­gen der Staatsgewalt anpassen, und da sie in jeder Weise bereit ist, sich mit derselben zu verständigen und Abhilfe zu treffen, wo sich Schwierigkeiten ergeben sollten. Ueberdies ist es ein unveräusserliches Recht und zugleich Pflicht der Kirche, über die Gesamt­erziehung ihrer Kinder zu wachen in allem, was zu Religion und Moral in Beziehung steht. 2. Der Familie. Die Familie hat unmittelbar von Gott den Auftrag und daher auch das Recht, ihre Nach­kommenschaft zu erziehen, ein unveräusserliches Recht, das jedwedem Recht der Volksgemein­schaft und des Staates vorausgeht, und darum ein unverletzbares Recht gegenüber jeglicher irdischen Macht. Die gesetzgeberische Weisheit der Kirche drückt sich über diesen Punkt mit zusammen­fassender Bestimmtheit und Klarheit im Ka­non 1113 des kirchlichen Rechtsbuches also aus : '„Die Eltern haben die strenge Verpflichtung, sowohl für die religiöse und moralische, wie für die körperliche und staatsbürgerliche Erziehung der Nachkommenschaft und auch für deren zeitliches Wohlergehen nach Kräften Sorge zu tragen“. Dieses Recht der Eltern ist wiederholt gerichtlich anerkannt worden bei Nationen, in denen man Sorge trägt, das Naturrecht in den staatlichen Verordnungen zu ach­ten. So hat, um ein Beispiel aus der letzten Zeit anzufüren, der höchste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Nordamerika in der Entscheidung über eine wichtige Streitfrage er­klärt. „es stehe dem Staate nicht einfachhin allgemein die Gewalt zu, eine einheitliche Er­ziehungsform für die Jugend festzusetzen, in­dem er dieselbe zwinge, ihren Unterricht aus­schliesslich in den Staatsschulen zu empfangen“. Er führt dafür den Grundsatz des Naturrechts an: „Das Kind ist kein blosses Geschöpf des Staates. Die, welche es ernähren und leiten, haben das Recht und zugleich die hehre Pflicht, es zu erziehen und für die Er­füllung seiner Obliegenheiten vorzubereiten.“ Die Geschichte ist Zeuge, wie die vom Schöpfer der Familie verliehenen Rechte von seiten des Staates verletzt wurden, die Kirche sie aber stets geschütz und verteidigt hat. Die Familie hat dies auch eingesehen, und von den ersten Zeiten des Christentums bis auf unsere Tage senden Väter und Mütter Millionen ihrer Kinder an die von der Kirche gegründe­ten und geleiteten Erziehungsanstalten. Und was sehr besinnenswert ist, dies tun auch solche Katholiken, die selber keinen festen Glauben besitzen und auch Andersgläubige, welchen die gute Erziehung ihrer Kinder am Herzen liegt. All diese Tatsachen besagen, dass die Er­ziehungsaufgabe vor allem, über alles und an erster Stelle der Kirche und der Familie zusteht, ihnen durch natürliches und göttliches Recht zusteht, und ihnen darum in unverlierbarer, unanfechtbarer und unersetzlicher Form zusteht. Aus diesem Vorrang der Kirche und der Familie kann keinerlei Schaden entstehen für das wirkliche Eigenrecht des Staates auf Er­ziehung der Staatsbürger gemäss der von Gott gesetzten Ordnung.

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