Urbs - Magyar várostörténeti évkönyv 4. (Budapest, 2009)

Recenziók

Resümee 469 Guszev, im Sommer 1849 hingerichtet. Illés und seine Mitarbeiter verbreiteten und popularisierten die Geschichte in Ungarn in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre als tatsächlich geschehenen Fall. Aufgrund diverser Aktivitäten der Autoren und des Legitimationsbedürfnisses der sich entfaltenden stalinistischen Diktatur gelangten Hauptmann Guszev und seine Gefährten Ende der 1940er Jahre als „tatsächlich existierende” Personen in das Pantheon des neuen Systems: Die Darstellung ihres Schicksals sollte der historischen Legitimierung und Festigung der damaligen offiziellen „sowjetisch-ungarischen Freundschaft” dienen. Diese propagandistischen Elemente waren auch zu beobachten, als im Jahre 1949, aus Anlass des Zentenariums der „Hinrichtungen”, in der innerstädtischen Adler-Straße (Sas utca) in Budapest im Rahmen einer großen Feierlichkeit eine Gedenktafel von Hauptmann Guszev und seinen Gefährten am Gebäude eines Ministeriums enthüllt wurde, und auch dann, als die Sas- (Adler-) Straße 1951 in Guszev-Straße umbenannt wurde. Dadurch, dass eine feierlich enthüllte Gedenktafel an der Wand eines der wichtigsten Gebäude des Landes angebracht und eine innerstädtische Straße mit großer symbolischer Bedeutung nach Guszev benannt wurde, versuchten die damaligen Entscheidungsträger, die Bedeutung des russischen Offiziers und die Hochschätzung seiner Person zum Ausdruck zu bringen. Und die Tatsache, dass die Guszev-Straße in der Nähe von Straßen lag, die den Namen von tatsächlichen Märtyrer-Offizieren des Freiheitskampfes von 1849 führen, trug wohl auch dazu bei, die erfundene Figur historisch zu „beglaubigen”. Im Zuge von historischen Forschungen, die in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren in dieser Angelegenheit durchgefuhrt wurden, stellte sich allmählich heraus, dass Hauptmann Guszev und seine Gefährten niemals existiert hatten. Dieser Sachverhalt stellte die Existenzberechtigung des innerstädtischen Straßennamens und der Gedenktafel natürlich in Frage. Die damaligen Entscheidungsträger, die vermutlich einen Prestigeverlust befürchteten, ließen die Guszev-Straße allerdings nicht umbenennen und auch die Gedenktafel nicht entfernen. Hierzu sollte es erst Ende des 20. Jahrhunderts, zur Zeit des Systemwechsels in Ungarn, kommen. Der analysierte Fall weist über sich hinaus, er führte allgemeingültig vor Augen, wie sich Gesichtspunkte von städtischer Raumnutzung und politischer Propaganda verbinden können.

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