Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Pest-Buda von 1686 bis 1849
Buda und der Piaristen in Pest sowie an den im 18. Jahrhundert in beiden Städten gegründeten kirchlichen Hochschulen und an der kurzlebigen Pester juristischen Fachschule wirkten, veranlaßte viele Lernbegierige, Bürgersöhne und Adlige aus den entlegensten Gebieten des Landes, in die Hauptstadt zu ziehen. Den Einfluß auf das geistige Leben des Landes ermöglichte erst 1777 die Verlegung der Tirnauer Universität nach Buda und sechs Jahre später nach Pest. Die Verlegung der Universität nach Pest hatte gewaltige Bedeutung, denn die Tätigkeit der hier beschäftigten Gelehrten und der unter ihrer Leitung heranwachsenden geistigen Elite beschränkte sich keineswegs nur auf die Hauptstadt, sondern beeinflußte über die Besucher der Märkte und die öffentlichen Angestellten das ganze Land. Die rasche Entwicklung von Buda und Pest wirkte sich erklärlicherweise auch auf die Ortschaften und Siedlungen ihres Umkreises aus, vor allem auf den unmittelbar an Buda angrenzenden Marktflecken Óbuda, der nach dem Abzug der Türken jahrzehntelang in Feudalbesitz, seit 1767 Kammergut und zugleich Herrschaftssitz war. Der Großteil seiner Bevölkerung war zwar in der Landwirtschaft beschäftigt, vor allem im Weinbau, doch hatte mittlerweile auch das Handwerk einen nicht unbedeutenden Aufschwung genommen. Ende des Jahrhunderts schufen einige kleinere neu errichtete Betriebe kurzfristig weitere Arbeitsplätze. Zu wachsender Bedeutung gelangte aber Óbuda im geschichtlichen Entwicklungsgang der ungarischen Hauptstadt vor allem dadurch, daß sich die für Jahrzehnte aus Pest und Buda ausgewiesenen Juden dort niederließen und durch ihre Agilität, ihre lebhafte Handelstätigkeit, ihre westeuropäischen Beziehungen und ihr mobiles Kapital wesentlich zur Belebung und Festigung der führenden Stellung der Hauptstadt als Handelszentrum des Landes beitrugen. Die Entwicklung der übrigen Vororte wurde von den ständig erweiterten Absatzmöglichkeiten für ihre landwirtschaftlichen Produkte bestimmt, die eine steigende Bevölkerungszahl, ein Wohlstandswachstum, eine fortschreitende Vermögensschichtung und ein erstarkendes Selbstbewußtsein der Einwohner zur Folge hatten, von dem ihre aktive Beteiligung an der gesellschaftlichen Bewegung und den Kämpfen Mitte des 19. Jahrhunderts Zeugnis ablegte. Der Aufstieg zur Landeshauptstadt Ende des 18. Jahrhunderts waren zwar die beiden Schwesternstädte Buda und Pest bereits die wichtigsten Verwaltungs- und Handelszentren und hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl die größten Städte des Landes, um aber zur wirklichen Landeshauptstadt zu werden, mußten sie auch im politischen und geistigen Leben die unbestritten führende Position erwerben. Dieser Entwicklungsprozeß vollzog sich im Zeitraum von 1790 bis 1848, seine wichtigsten Voraussetzungen waren das alles bisherige übertreffende Wirtschaftswachstum während der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts und die gleichzeitigen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur. In wirtschaftlichen Belangen blieb auch weiterhin die rege Handelstätigkeit die treibende Kraft. Die Hochkonjunktur der Napoleonischen Kriege hatte ihr vorübergehend einen gewaltigen Aufschwung verliehen, und nach einer kurzfristigen Rezession brachte die Revolutionierung der Verkehrs- und Transportmittel, vor allem auch die in den dreißiger Jahren beginnende Dampfschiffahrt auf der Donau dem Handel eine neue Blütezeit, zumal die raschere Beförderung auf dem Wasserweg für die Gewährleistung und Steigerung der 31