Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)

Die mittelalterlichen Schwesternstädte

die einen Teil ihrer Einkünfte zumErwerb feudaler Adelsgüter verwandt hatten. Inzwischen traten immer deutlicher auch die Schattenseiten der den Bürgern von Buda gewährten Privilegien zutage. Das Stapelrecht und der damit zusammenhängende Wegezwang kon­zentrierte zwar den Außenhandel auf Buda, verschaffte aber zugleich dem Bürger der Stadt einen mühelosen Verdienst ohne eigenen Arbeitseinsatz, was ihn dazu verleitete, sich statt einer selbständigen Handelstätigkeit mit der Vermittlerrolle zu begnügen. Gleichzeitig veranlaßte der starke wirtschaftliche Aufschwung die süddeutschen Städte, sich in Mittel- Osteuropa einen Markt zu erschließen. In zunehmendem Maße importierte Ungarn Tuch und andere Gewerbeerzeugnisse aus dem Westen, deren Gegenwert es mit Edelmetall bezahlte. So gerieten immer mehr Bürger ungarischer Städte in Abhängigkeit vom süd­deutschen Kapital, ganz abgesehen davon, daß einige große Handelshäuser eigene Vertreter nach Ungarn entsandten. So fanden sich beispielsweise Ende des 14. Jahrhunderts unter den Ratsherren von Buda Angehörige der Nürnberger Patrizier und Kaufherren Kraft und Groland. Diese neu zugewanderten Familien verdrängten die alten, weitgehend noch im Feudalis­mus befangenen immer mehr aus der städtischen Führungsschicht von Buda. Das neue Patriziat legte im Gegensatz zu seinen Vorgängern keinen Wert mehr auf eine Verschwä­gerung mit dem ungarischen Adel, auch war es weit weniger an Güterkäufen interessiert, es sei denn aus geschäftlichen Gründen. Hingegen unterhielt es enge Handelsbeziehungen mit Wiener, Nürnberger, Bamberger und anderen Großkaufleuten. Allem Anschein nach stützten sich zwischen 1370 und 1380 die damals noch mächtigen alten Familien Lóránd und Ulving dem soeben in Entfaltung begriffenen neuen Patriziat gegenüber auf gewisse Schichten des mittleren Bürgertums. Die städtischen Handwerker und die in der Zahl ständig zunehmenden Plebejer (Handwerksgesellen, Tagelöhner in den Weinbergen, Bau­arbeiter) erblickten zwar auch im begüterten früheren Patriziat ihre Gegner, doch schieden sie von den neuen Familien noch stärkere Gegensätze, zumal viele bei ihnen tief verschuldet waren. Am Ende des Jahrhunderts war die Alleinherrschaft der alten Familien vorbei, und als 1402 das mittlere Bürgertum unter der Führung einiger wohlhabender Gewerbe­treibender auf anderthalb Jahre die Macht den Kaufleuten zu entwinden vermochte, wurde es dabei offenbar von einigen zum Rang von Feudalherren emporgestiegenen Patriziern unterstützt, wie etwa vom Ratsherrn László Lórándfi, Gutsbesitzer in Rákospalota. König Sigismund von Luxemburg, der in dieser Machtübernahme der mittleren Bürger­schicht eine Gefahr erblickte, setzte den ehemaligen Rat von neuem in seine Befugnisse ein und fertigte am 9. Dezember 1403 ein Diplom aus, das u. a. die Bestimmung enthielt, nur Gutsbesitzer könnten künftig Richter oder Stadträte werden, und auch diese müßten nach ihrer Wahl die Genehmigung des Herrschers oder seines Bevollmächtigten einholen. Ferner war es den Bürgern verboten, ohne Wissen des Richters und des Magistrats bera­tende Zusammenkünfte abzuhalten (Urkunde III). Mithin hatte die Aktion des mittleren Bürgertums zwar Schiffbruch erlitten, doch mußten die Ratsherren fortan auf den Wider­stand breiter Kreise des Bürgertums gefaßt sein. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts setzte sich die führende Schicht von Buda aus den deutschen Tuchhändlern zusammen. Das trug dazu bei, daß der in der Stadt entbrannte Klassenkampf ein nationales Gepräge erhielt. Ohne Rücksicht auf das in seiner Mehrzahl ungarische mittlere Bürgertum, aus dessen Reihen von Zeit zu Zeit eine dünne Schicht hervorgegangen war, die sich dem Ver­mögen nach mit dem deutschen Patriziat vergleichen konnte, und ohne Rücksicht auf die 18

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