Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)

Die mittelalterlichen Schwesternstädte

noch vorhandenen schriftlichen Angaben ist nicht immer der höchste. Vornehmlich bei der Klärung der topographischen Verhältnisse leisten die archäologischen Ausgrabungs­ergebnisse wertvolle Hilfe. Der älteste Siedlungskern ist demnach Óbuda, das ursprünglich nur Buda genannt wurde und wo sich an Stelle des einstigen Legionslagers Aquincum vom Ende des 9. Jahrhunderts, d. h. vom Zeitpunkt der Landnahme, anscheinend das Quartier eines der ungarischen Stammesfürsten und seines Gefolges befunden hatte. Ebendort gründete der König im 11. Jahrhundert als kirchliche Verwaltungsbehörde ein sog. Kollegialkapitel. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts betrachtete man Óbuda teils wegen seiner geographischen Lage, teils auch, weil der König im dortigen Burgpalast die Fastenzeit zu verbringen, in dieser Zeit Gericht zu halten und die Staatsgeschäfte zu verwalten pflegte, allgemein als Mittelpunkt des Landes. Es war der Sitz einer königlichen Domäne, zu der auch das Gebiet des späteren Burghügels von Buda gehört haben dürfte. Im 13. Jahr­hundert begann nachweislich die Entwicklung der Siedlung Óbuda zur Stadt; Anfang des gleichen Jahrhunderts wissen wir von einem (wahrscheinlich wallonischen) Kaufmann, in der zweiten Jahrhunderthälfte von deutschen Bürgern. Die königliche Residenz und das Kapitel waren an Stelle des römischen Lagers ■— oder eines Teils desselben — entstanden, südlich der Stadt lag der Markt und an der Donau erstreckte sich die Siedlung der königlichen Schmiede nach Süden. Südwestlich vom Markt wurde im Laufe des 13. Jahrhunderts der (neue) Königspalast erbaut. 1343 wurde Óbuda Domäne der Königin; 1355 wurde das Stadtgebiet zwischen König, Königin und Kapitel aufgeteilt. Damals galt der ursprünglich von den Handwerkern bewohnte, dem königlichen Besitz zugesprochene Süden als die eigentliche Stadt Óbuda, während sich im Bezirk des Kapitels außer einigen Kirchen und den Häusern der Domherren nur die Behausungen einiger im Dienst der Kirche stehender Leibeigener befanden. Ende des Mittelalters gehörte auch die mit Óbuda zusammengelegte Siedlung Szentjakabfalva (die Gegend des heutigen Kolosy tér), die nach der St.-Jakobs-Pfarrkirche benannt worden war, zum königlichen Óbuda, während die Anlegestelle — wie es scheint — sich am Ufer der Königinstadt befand. Der andere, noch auf die Zeit vor der Staatsgründung zurückgehende Siedlungskern war Pest auf dem gegenüberliegenden linken Donauufer, wo in der Römerzeit gleichfalls ein Castrum gestanden hatte, in dessen Überresten sich die landnehmenden Ungarn vermutlich noch im 10. Jahrhundert festsetzten. Pest verdankte seine Bedeutung der unter­halb des Castrum gelegenen Donaufurt. In der Nachbarschaft der Pester „Burg“ hatten sich mohammedanische Kaufleute niedergelassen, die in einer schriftlichen Urkunde aus dem Jahre 1218 als Pester Sarazenen Erwähnung finden. Anfang des 13. Jahrhunderts siedelte sich hier eine größere Gruppe von Deutschen an, die vermutlich um 1230 den ersten städti­schen Privilegienbrief vom König erwirkten. In losem Verband mit Pest stand die Siedlung „Klein-Pest“ (Minor Pest) zwischen dem Gellértberg und dem Burgberg auf dem gegen­überliegenden rechten Ufer mit gleichfalls deutscher Bevölkerung und einer nach St. Gerhard (Gellért) benannten Pfarrkirche. Schon vor dem Mongoleneinfall 1241, der weite Gebiete Ungarns verwüstete, gab es in Pest ein Dominikanerkloster, dessen Ort sich nur annähernd bestimmen läßt, und bald danach auch ein Franziskanerkloster, das an der Stelle des neuzeitlichen Klosters in der heutigen Károlyi utca stand. Da die Klöster der Bettelorden damals durchweg am Stadt­rand erbaut wurden, läßt sich durch ihre Lage die Ausdehnung der Stadt im 13. Jahr­hundert gegen Osten ermitteln. Beide Klöster standen außerhalb des römischen Castrum, 12

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