Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Csaba Szabó: Brücken über die Donau zwischen Ofen und Pest: Kettenbrücke, Margaretenbrücke, Franz-Joseph-Brücke, Elisabethbrücke

97 Das Gesetz legte die Baukosten der beiden Brücken mit etwa 10 Millionen Forint fest. Es bestimmte die Abfolge der erforderlichen Zwangsenteignungen. Der Handelsminister schrieb im Juli 1893 einen internationalen Wettbewerb aus, worauf 74 Preisschriften eingereicht wurden (53 für die Brücke am Esküplatz, 21 für die Brücke am Fővámtér). Das Preisgericht schied 50 Pläne für den weiteren Wettbewerb als ungeeignet aus. Schließlich begann die Arbeit im Sommer 1894 nach den Plänen von Ingenieur und Brückenbauer János Feketeházy (1842-1927). Feketeházy war der bedeutendste ungarische Brückenbauer der Zeit. Er war mit seinen ursprünglichen Entwürfen auf den zweiten Platz gesetzt worden; diese wurden nachträglich abgeändert, um sie den Bedingungen besser anzupassen. Auf Basis von Feketeházys Plänen wurden bis zum Jahre 1912 sämtliche MAV-Brücken gebaut. Darüber hinaus entwarf er die Pläne für die Dachkonstruktion des Ostbahnhofs, des Opernhauses und des Hauptzollgebäudes (heute Budapester Universität für Wirtschaftswissenschaft). Die Tiefbauarbeiten wurden von Béla Zsigmondy ausgeführt, der früher als Brunnenbauer bekannt wurde, da er die artesischen Brunnen von fast jeder Stadt in der Tiefebene mit Hilfe von technischen Neuerungen gebohrt hatte, die in Europa beispiellos waren. Später wurde auch die Abfahrt der Margaretenbrücke nach seinen Plänen gebaut. Die Architekturlösungen der großartigen Portale an den Pfeilern stammen von Virgil Nagy (1859-1921), Lehrer an der Technischen Universität, der als Fachmann für Architektur an dem Projekt mitwirkte.1 Der Auftrag für die Herstellung der Eisenkonstruktionen und den Zusammenbau der Brücke erhielt die Maschinenfabrik der Ungarischen Staatsbahnen. Die Arbeit begann im Juli 1895 an und wurde im August 1896 abgeschlossen. Die Brücke wurde auch mit elektrischer- und mit Gasbeleuchtung ausgestattet. An der feierlichen Einweihung nahm auch Franz Joseph I. teil. Die Länge der dreibogigen Brücke beträgt 321,20 Meter (die mittlere Spannung ist 175 Meter, die zwei Seitenspannungen sind je 78,10 Meter lang). Die Gesamtbreite beläuft sich auf 20,10 Meter, der Gehsteig an den Seiten ist je 2,90 Meter, die Fahrbahn ist 11,50 Meter breit. Die Eisenkonstruktion wiegt 4.884 Tonnen. Die Flussbettpfeiler beruhen auf einem Fundament von 28,00 Meter Länge und 7,50 Meter Breite.1 2 Die Franz-Joseph-Brücke ist ein schönes Symbol Ungarns, dessen Wertschätzung sich nach dem Ausgleich (1867) immer mehr verstärkte, aber auch das Symbol Budapests, das nach der Hauptstadtwerdung (1873) dynamisch ausgebaut und vergrößert wurde. Sie war eine würdige Erinnerung 1 Vgl. Virgil Nagy, A Ferenc József-híd architektúrája [Die Architektur der Franz- Joseph-Brücke], in: A Magyar Mérnök és Építész Egylet Közleményei, [Die Mitteilungen des Ungarischen Ingenieur- und Architektenvereins], XXIX, 1895, 317— 324. 2 Jenő Hargitai, I. Ferenc József-híd (mai Szabadság-híd) építése, újjáépítése és felújítása 1894—1980 évek között [Der Bau, Neubau und Renovation der Franz Joseph I.-Brücke (heute: Freiheitsbrücke) zwischen 1894 und 1980], Budapest 1981,7-13.

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