Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Beáta Fabó: Militärische Einrichtungen in der Stadtstruktur Budapests
60 der Bürgerstadt und der Burg wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wegen der Bauarbeiten am Schloss abgetragen. Der erste Schritt bei der Abtragung der Burgmauer ist mit dem Namen von Joseph II. verbunden. Er ließ die Mauer in Richtung des südwestlich von der Burg gelegen Stadtteils (Tabán) durchbrechen, um so ein direkte Verbindung herzustellen. Nach der Befreiung von Ofen waren die ersten bedeutenden Bauarbeiten dem Wiederaufbau des während der Belagerung vernichteten Arsenals1 und der Errichtung von zwei Kasernen am nördlichen Ende der Burg gewidmet, später dem Bau einer weiteren Kaserne neben dem Arsenal. Die Ofener Burg blieb auch nach dem Neubau eine geschlossene Einheit, sie entwickelte sich im 18. Jahrhundert zu einer richtigen städtischen Siedlung. Von den Vorstädten erweckten nur Víziváros (Wasserstadt) und ein Teil von Tabán einen städtischen Eindruck. Zum Verteidigungssystem der Burg gehörte ganz Viziváros, weshalb die weite Zone um die Burgmauer unverbaut blieb. Diese Festungsgrundstücke (Glacis) wurden vom Ende des 17. Jahrhunderts an schrittweise in Hausparzellen aufgeteilt, und so konnte man mit der Verbauung beginnen. 1752 ordnete jedoch der Hofkriegsrat die Einrichtung einer Burgverteidigungszone in der Breite eines Büchsenschusses vor Festungen an. Diese Zone war der Militärhoheit unterworfen und unterlag einem Bauverbot. Noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts standen die Festungswerke und Mauern, die den Stadtteil Tabán umgaben. Pest Die Stadt Pest war während der zweiten Hälfte der Türkenherrschaft weitgehend verteidigungsunfähig. Als Folge der Belagerungen und weil die abrückende kaiserliche Armee die Stadt im Jahr 1684 in Brand gesteckt hatte, befand sie sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in einem ruinösen Zustand. Die Stadtmauer verlor ihre militärische Bedeutung, dennoch verbot der Stadtrat auch noch Mitte des 18. Jahrhunderts, die Mauer abzureißen, ja sogar in ihrer Nähe zu bauen. Der erste größere Bau in Pest war das Invalidenpalais, das 2.000-2.500 Personen fassen konnte. Der Bau begann 1716 an und zog sich wegen Geldmangels jahrzehntelang hin. In der Innenstadt von Pest, neben der Burgmauer, fand sich ein geeigneter Platz. Der Baumeister war Fortunato de Prati aus Wien, später dann Anton Erhard Martinelli, ebenfalls aus Wien. Das Palais diente alten, kranken und invaliden Soldaten als Wohnung, soziale Einrichtung und Krankenhaus. Hier lebten sie zusammen mit ihren Familien, sie 1 Das Waffendepot wurde zwischen 1686 und 1696 gebaut, 1723 brannte es nieder, 1725-1730 ließ es der Hofkriegsrat wieder aufbauen. Neben ihm wurde 1729 eine Kaserne errichtet. 1846 erwarb diese zum Teil die evangelische Kirche und ließ sie zu einer Kirche umbauen. 1895 wurde sie abgerissen und an ihrer Stelle das Gebäude des Generalkommandos der Landwehr erbaut.