Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Eszter Gábor: So verschwand das Grün aus dem Villenviertel
53 besorgt waren und die Behörden baten, einzugreifen. Im Jahr 1889 richteten die Bewohner und Hauseigentümer der DélibábstraBe einen mit acht Unterschriften versehenen Brief an den Rat der Hauptstadt, in dem sie gegen die Vergrößerung des israelitischen Knabenwaisenhauses an der Ecke von Epreskert- und DélibábstraBe protestierten. Sie befürchteten, dass der geplante Bau die „mit Villen verbaute, neue DélibábstraBe um ihren Erholungsortcharakter bringe,... diesen schönen Teil unserer Stadt völlig verunstaltet”.1 Zum Bau kam es weder damals noch später. Im Jahr 1898 richteten 20 Bewohner und Hausbesitzer der Lendvaystraße und deren Umgebung gemeinsam mit Graf Albin Csáky, Minister für Kultus und Unterricht, eine Mahneingabe an den Rat der Hauptstadt, in der sie beanstandeten, dass der Rat ihre Interessen nicht richtig verträte, weil er genehmigt hatte, unter Nummer 13 der Epreskertstraße ein derartiges, zweistöckiges Gebäude zu errichten, „das mit seinen Proportionen seine Nachbarn sozusagen erschlägt, das ihnen Aussicht und Luftdurchzug versperrt...”. "Der linksufrige Teil unserer Hauptstadt ist sowieso so arm in Gärten und Villen , dass es nicht nur brennend notwendig ist, die jetzt existierenden kleinen Gebiete gegen jene zu beschützen, die dort aus Bauspekulation große Miethäuser errichten wollen, sondern es auch notwendig ist, die Villengebiete möglichst zu vergrößern und zu vermehren.”1 2 Das besagte zweistöckige Miethaus von Nicholson steht dort auch heute noch wenig elegant zwischen den Villen, obwohl Albin Csáky und seine Mitstreiter genau fühlten, dass in dem Villenviertel ein es „auffressendes” Krebsgeschwür erschien, nämlich die Reihen der zweistöckigen Miethäuser, die wohl den Bauvorschriften zumeist buchstabengetreu entsprachen, aber ihnen im Wesentlichen oft genug widersprachen. In den Dokumenten aus den Jahren nach der Jahrhundertwende tauchen immer öfter Einwände des Bauamts und des Rates gegen Planeinreichungen auf, die die Vorschriften über die Anordnung des Gebäudes nicht einhielten. Es gibt aber kein Beispiel dafür, dass die letzte Entscheidung nicht den Interessen der Bauherren den Vorrang gab. Die Vertreter der Behörde fanden sich scheinbar damit ab, dass sie nicht mehr in der Lage waren, den ursprünglich definierten Vorschriften Geltung zu verschaffen. Von 1907 an erscheint die prozentuale Beschränkung der Verbauungsmöglichkeit der Grundstücke als neuer Gesichtspunkt in den Baugenehmigungen. 1 BFL IV.1407.b 12.116/1889-III. Die israelitische Kultusgemeinde baute ein neues Knabenwaisenhaus in der Stadtwäldchen-Allee Nr. 25-27. 2 Gemäß den Referenzbögen BFL IV. 1407.b. Nr. 12.066/1898-III. wurde das Haus in der Epreskertstraße Nr. 13 nach dem mit Beschluss Nr. 22240/1896 genehmigten Plan errichtet. Es ist nicht erwähnt, ob der Vorgarten (der kleiner war als die Vorschriften es erlaubten, das heißt, das Haus wurde näher zur Straßenfront gebaut) zu dieser oder zu einer anderen Zeit genehmigt wurde.