Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Eszter Gábor: So verschwand das Grün aus dem Villenviertel

41 Eszter Gábor So verschwand das Grün aus dem Villenviertel* Im Jahr 1923, als Pista Grauermann, in den Ruhestand versetzter ungarischer königlicher Konsul, der seine Laufbahn in der Privatindustrie fortsetzte, mit seiner Frau, geborener Stangeler, „nach Budapest in die schöne Wohnung am Fasor gezogen [war] - seit dem Weltkrieg hieß diese Straße übrigens ,Vilma királynő út’ welche Etelkas letzte Wohnung geworden ist,”1 erlebte die Városligeti fasor (Stadtwäldchen-Allee) bereits ihre zweite Blüte. Doderer, der auch über Ortskenntnisse von Budapest verfügte, hat die Vilma királynő út nicht zufällig als Wohnort der Familie des Mannes, der seine diplomatische Laufbahn mit der Privatindustrie vertauschte, ausgewählt. In Budapest, das sich im davor liegenden halben Jahrhundert zur Großstadt entwickelt hatte, wurde die dynamische bürgerliche Entwicklung mit dem linken Ufer, mit Pest, verbunden, während Buda (Ofen) seinen aristokratischen Charakter besser bewahrt hatte. Pests exklusives Viertel war das Villenviertel der Terézváros, zu dem auch die Vilma királynő út gehörte, und wo an der Jahrhundertwende die Villen im Besitz von Aristokraten, höheren Beamten und reichen Bürgern oder von ihnen bewohnt waren, und wo sich auch die diplomatischen Auslandsvertretungen befanden. Das Gebiet, das sich bis zur Jahrhundertwende zu einem einheitlichen Stadtteil entwickelte, wuchs aus zwei Teilen zusammen, die eine unterschiedliche Geschichte und Struktur hatten. Der südöstliche Teil, die alte Straße, die von der Innenstadt durch die Terézváros verlief, führte als Fortsetzung der Kirälystraße in das Stadtwäldchen hinaus. Im Jahr 1800 wurde die Straße, Stadtwäldchen-Allee genannt, in dem sandigen, offenen Gebiet eröffnet, zu dieser Zeit wurde das Randgebiet an der Straße verwertet. So wurden an zwei Seiten je 30 Grundstücke abgesteckt.* 1 2 Die Grundstücke verfügten generell über 12 Klafter Straßenfront, bei einer Tiefe von 100 Klaftern. Es war * Diese Studie wurde von der Ungarischen Stiftung für wissenschaftliche Forschungen (OTKA) unterstützt (Projekt T 30047). 1 Fleimito von Doderer, Die Strudlhofstiege. Deutscher Taschenbuch Verlag, 1966, 156. 2 BFL IV.1215.d. Pesti telekátírási jegyzőkönyvek [Pester Grundstücküberschreibungs­­protokoll], Band 9, 13. - Die Straße wurde bis in die 1870er Jahren auf Deutsch meist Stadtwäldchen-Allee genannt, von dieser Zeit an war ihr offizieller Name Városligeti fasor, bis zum Jahre 1920, als sie nach der holländischen Königin Wilhelmine den Namen Vilma kirälynö-Straße bekam, von 1950 bis 1990 hieß sie Gorkij-Allee, und seitdem wieder Városligeti fasor (Stadtwäldchen-Allee).

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