Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Ferenc Vadas: Stadtplanung in Budapest im 19. Jahrhundert
23 durch den Ausgleich ihre Rolle als Hauptstadt wiedergewannen, wurde das Defizit, das sich in der Stadtgestaltung zeigte noch offensichtlicher. Der Abbau dieses Defizits war die Hauptaufgabe der nächsten Periode. Vom Ausgleich bis zur Stadtvereinigung Die dualistische Umwandlung des Habsburger-Reichs im Jahr 1867 machte die Schwesterstädte erneut zur Hauptstadt. Hier arbeiteten die Regierung und das Parlament, hier wurden die Ministerien eingerichtet - plötzlich kam hier eine große administrative Konzentration zustande. Für deren Bedarf war der bereits gegebene Gebäudebestand kaum geeignet. Im nächsten halben Jahrhundert wurden für den Ersatz der fehlenden öffentlichen Gebäude große Anstrengungen unternommen - das sehenswerteste Ergebnis dessen ist der monumentale neogotische Palast des Parlaments am Donauufer -, diese waren aber nur teilweise erfolgreich. Der politischen Konsolidierung zufolge begann ein starkes Wirtschaftswachstum, das bis zum Krach von 1873 dauerte. Bis zu dieser Zeit erreichte Pest bereits eine führende Rolle in der Industrie und im Handel, und der Aufschwung konnte diese Dominanz noch steigern. Die für die Rolle als Wirtschaftszentrum nötige Infrastruktur fehlte aber: Das Netz der konzentrisch hierher führenden Bahnlinien mit den entsprechenden Güter- und Personenbahnhöfen und Bahnbrücken, der Stromhafen und die dazu gehörenden Anlagen (Lagerhäuser, Ladedämme) sowie weitere Straßenbrücken auf der Donau. Zahlreiche Einrichtungen und technische Errungenschaften der modernen Urbanisation existierten schon, aber im Großen und Ganzen war der Rückstand in der Gesundheitsinfrastruktur (Wasserleitungen, Kanalisation, Krankenhäuser) und in dem Bildungssystem (die Anzahl der Schulen wuchs explosionsartig, aber der größte Teil von ihnen - von den Normalschulen bis zu den Universitäten - war für lange Zeit dazu gezwungen in Mieträumen zu hausen) enorm. Die Stadt entwuchs dem Rahmen des Verschönerungsplanes völlig, ihr Straßennetz benötigte eine bedeutende Ausweiterung. Es entstand der Bedarf, dass die plötzlich auftauchenden neuen Funktionen in die Stadtstruktur planvoll eingebracht werden und ein Stadtbild erschaffen werden sollte, das der Hauptstadt würdig und mit Wien vergleichbar war (mit monumentalen öffentlichen Gebäuden, Parkanlagen und Denkmälern). Diese Menge an Aufgaben war mit den eigenen Mitteln der Städte nicht lösbar, und dazu kam noch, dass die schon seit langem geplante Vereinigung von Ofen und Pest bis zum Jahre 1873 hinausgezögert wurde. Die Investitionen von landesweiter Bedeutung (Flussregulierung, Brücken- und Bahnbau, die Bauarbeiten von Landeseinrichtungen) wurden von der Regierung bzw. von den Fachministerien durchgeführt, die Stadtgestaltung blieb aber eine örtliche Aufgabe. Da das Funktionieren des gesamten „Hauptstadtbetriebs“ in großem Maße von deren erfolgreicher Lösung abhing, wollte die Regierung auch darauf