Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Peter Csendes: Stadt und Technik. Wissenschaftlicher Fortschritt und urbane Entwicklung
13 3.500 kamen aus Ungarn, 13.000 aus Cisleithanien. Die Erwartungen wurden jedoch schwer enttäuscht, die Veranstaltung endete mit einem gewaltigen Defizit. Wien wurde kein zweites Mal Schauplatz einer Weltausstellung, doch kam in den folgenden Jahren eine ganze Reihe von großen Industrieausstellungen zustande. Dabei waren die „Internationale Elektrische Ausstellung“ und die „1. Internationale Pharmaceutische Ausstellung“ (1883), die „Jubiläums-Gewerbe- Ausstellung“ (1888), die anlässlich des 40jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers erfolgte, die „Land- und Forstwirtschafts-, Industrie- und Kunstausstellung“ (1890) oder die „Internationale Fahrrad-, Automobil- und Sportausstellung“ (1897) Gelegenheiten, breiten Bevölkerungskreisen den technischen Fortschritt vorzustellen. Die Entwicklung hatte den Alltag so sehr erfasst, dass auch die museale Aufbereitung zu einem logischen Schritt wurde. Schon 1864 war als erstes Kunstgewerbemuseum auf dem Kontinent das „k.k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie“ gegründet worden, eine Generation später folgte das „Technische Museum“ (1908). Das städtische Leben wird durch verschiedenste Prozesse gesteuert. Sie führen auch zu den politischen Veränderungen. So hatte im ausgehenden 19. Jahrhundert der Gemeinderat eine neue Zusammensetzung erfahren. Die modernen Massenparteien waren zum bestimmenden Element in der Stadt geworden und an die Stelle der verschiedenen liberalen Gruppen getreten. Künstler und Wissenschaftler hatten sich weitgehend aus der Politik zurückgezogen. Die Christlichsoziale Partei unter der Führung von Karl Lueger hatte, gestützt auf kleinbürgerliche Schichten, die Liberalen aus dem Rathaus verdrängt, die rasch zu politischer Bedeutungslosigkeit herabsanken. Die Sozialdemokratie wurde noch durch das bestehende Kurienwahlrecht von der Entscheidungsverantwortung fern gehalten. Im Bereich der Infrastruktur setzte die neue Stadtverwaltung, durch das Wachstum Wiens gezwungen, die bisherige Linie teilweise fort, etwa durch den Bau der Zweiten Hochquellenleitung. In der Energieversorgung und in der industriellen Entwicklung erlangte die Elektrizität außerordentliche Bedeutung, die auch von der Stadt erkannt wurde. Die Kommunalisierung - und Elektrifizierung - des öffentlichen Verkehrs und der Energieversorgung bedeutete einen markanten Bruch mit der liberalen Kommunalpolitik, wie auch im Sozialbereich von Seiten der Stadt deutliche neue Investitionen gesetzt wurden, nicht zuletzt durch die Sicherung von Erholungsgebieten. Die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien beherbergte am Vorabend des Ersten Weltkriegs über zwei Millionen Einwohner. Die Stadtplanung rechnete mit einer Verdoppelung bis zur Mitte des Jahrhunderts und sah sich neuen großen Herausforderungen im technischen Bereich gegenüber. Der Zusammenbruch der Monarchie sollte jedoch die Entwicklung Wiens in andere Bahnen lenken.