Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Ferenc Vadas: Das Vollbahnnetz und die Bahnhöfe
131 Ferenc Vadas Das Vollbahnnetz und die Bahnhöfe Die wichtigste Phase des Ausbaus des Budapester Bahnnetzes vollzog sich im ersten Drittel der Ära des Dualismus. Die Linienführung und die Anlage der Bahnhöfe wurden aber in hohem Maß von den Ereignissen in den beiden Jahrzehnte vor 1867 bestimmt. Der erste Bahnhof in Pest Es war von Anfang an klar, dass die erste ungarische Bahn in Richtung Wien gebaut werden musste, es war nur offen, an welchem Ufer der Donau. Die Rivalität von zwei wirtschaftspolitischen Konzepten und zwei miteinander konkurrierenden Wiener Bankhäusern stand hinter den Diskussionen über die Bahnroute. Die vom Bankhaus Rothschild angeregte Linksuferbahn über Pressburg nach Pest und dann weiter nach Ostungam (nach Debrezin und Siebenbürgen) hätte als Flügellinie der nach Galizien führenden nördlichen Bahn ausgebaut werden sollen; die in Ofen endende Rechtsuferbahn, von dem Bankier Baron Sina propagiert, wäre mit der Linie Wien-Triest in Verbindung gestanden. Nach heftigen Diskussionen, die jahrelange Verzögerungen zur Folge hatten, siegte die Linksufervariante. Für ihre Verwirklichung gelang es Móric Ullmann, die Ungarische Central Eisenbahn Gesellschaft zustande zu bringen. 1844 bewilligte der Ständetag die Statuten der Gesellschaft und gewährte für das Unternehmen eine Zinsensicherung. Da man befürchtete, dass das ein ernster Wille nur für den Bau des Abschnitts nach Pressburg, höchstens nach Pest vorhanden war, wurde ausbedungen, dass der Bau von Pest aus in beiden Richtungen gleichzeitig zu beginnen war und von Pressburg in westlicher Richtung nur dann weitergeführt werden durfte, wenn die Linie bis nach Debrezin fertiggestellt war. Daher wurde der erste Abschnitt zwischen Pest und Waitzen, der zweite zwischen Pest und Szolnok gebaut. Die erste Linie wurde im nördlichen Teil von Pest angelegt, sie führte entlang der Landstraße von Waitzen bis zum Hauptbahnhof am Rande des verbauten Gebiets der Stadt. Die Linie nach Szolnok schwenkte außerhalb des Bahnhofes ab und verließ die Stadt in einem Viertelkreis in südwestlicher Richtung. Viele wollten, dass für die beiden Linien zwei getrennte Bahnhöfe erbaut würden, damit Pest nicht nur zu einem Transitbahnhof des Ost-West-Verkehrs würde. Schließlich wurde jedoch nur ein Bahnhof gebaut, doch war dies für die Einheimischen kein Nachteil. Das Areal der Ungarischen Zentralbahnen stimmt mit geringen Abweichungen mit dem des heutigen Westbahnhofs überein. Die