Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Peter Csendes: Stadt und Technik. Wissenschaftlicher Fortschritt und urbane Entwicklung

9 Polytechnikums, Vizepräsident der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Er war Mathematiker, befasste sich mit Mechanik und Maschinenlehre, hatte sich jedoch insbesondere Verdienste um die Popularisiemng technischen Fortschritts erworben. Auch er war Mitglied des Gemeinderats. Ein weiterer bahnbrechender Wissenschaftler, der dem Wiener Gemeinderat angehörte, war Leander Ditscheiner (1839-1905), Professor an der Technischen Hochschule und auf den Gebieten der Optik und Elektrizität tätig. Besonders aber engagierten sich die Vertreter des Bauwesens im politischen Leben der Stadt, wie August Sicard von Sicardsburg, Ludwig Förster, Rudolf Mayreder, Wilhelm Stiaßny und Carl Hasenauer, um nur die prominentesten unter den zahlreichen Architekten und Baumeistern im Wiener Gemeinderat zu nennen. Die Architekten Heinrich Ferstel, Friedrich Schmidt und Theophil Hansen wurden ebenso wie der Kunsthistoriker und Direktor des Museums für Kunst und Industrie, Rudolf Eitelberger, in Anerkennung ihrer Leistungen Ehrenbürger der Stadt. Der gewaltige Wandel in der Stadtlandschaft fand auch darin seinen Niederschlag. Von entscheidender Bedeutung über Wien hinaus hatte sich die Verbesserung der höheren technischen Ausbildung nach 1848 erwiesen, die zunehmend der berufsspezifischen Vertiefung bedurfte. Sowohl bei den naturwissenschaftlichen Fächern an der Universität wie auch an der Technischen Hochschule kam es zu einem wachsenden Differenzierungsprozess, der auch den Erfordernissen der Gesellschaft entsprach. Die Habsburgermonarchie hatte die große europäische Industrialisierungsphase verspätet erfahren, musste nun aber umso deutlicher feststellen, welche Bedeutung theoretisch-wissenschaftlichen Kenntnissen für moderne Produktionsprozesse zukam. Die Technische Hochschule in Wien (heute Technische Universität) war aus dem 1815 gegründeten Polytechnischen Institut hervorgegangen, das neben der naturwissenschaftlichen besonders der gewerblichen Ausbildung Rechnung tragen sollte. Dem Lehrkörper gehörten einige herausragende Naturwissenschaftler an, wie etwa der Chemiker und Mineraloge Anton Schrötter von Kristelli. Auch in Brünn/Bmo, Graz, Lemberg/L’viv und Prag/Praha waren solchen Bildungseinrichtungen entstanden. Das Wiener Institut sollte eine Vorbildfunktion übernehmen und konnte diese auch besonders gegenüber Deutschland erfüllen. 1846 wurde in Pest die Jözsef-Industrie-Schule gegründet, eine Vorläuferin der heutigen Technischen Universität von Budapest. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zeigte es sich sehr rasch, dass die Anforderungen an die Ausbildung stiegen und diese daher neu organisiert werden musste. Eine wichtige Voraussetzung für einen Erfolg war die Schaffung von Realschulen 1851 gewesen, die einen entsprechenden Vorbildungsgrad sicherten, allerdings den Zugang erschwerten. Auch die Standesvertretung der Techniker beteiligte sich an den Diskussionen. So kam es 1865 zu einem neuen Organisationsstatut, das neben einem Propädeutikum eine Gliederung in vier Fachbereiche (Fachschulen für Hochbau, Straßen- und Wasserbau, Maschinenbau und Technische Chemie) vorsah und das Polytechnikum in eine höhere technische, wissenschaftliche Lehranstalt

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