Peter der Große in Wien - Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv
ZUM GELEIT
Ausstellung im Österreichischen Staatsarchiv - „Peter der Große in Wien“ 5 Man findet bei R. Massie eine sehr lebhafte Beschreibung dieses ersten Treffens: „Die beiden Monarchen sollten den großen Audienzsaal zur gleichen Zeit von zwei gegenüberliegenden Türen aus betreten, dann langsam aufeinander zugehen und sich in der Mitte des Saals auf der Höhe des fünften Fensters treffen. Unglücklicherweise vergaß Peter jedoch, was man ihm gesagt hatte. Als die Tür aufging und er den Kaiser sah, ging er aufgeregt mit großen Schritten auf ihn zu und erreichte ihn schon am dritten Fenster. Die Protokollbeamten rangen nach Luft. Das Zeremoniell war durcheinander geraten.“10 Danach zogen sich die beiden Majestäten in eine Fensternische zurück und mit Hilfe von Lefort unterhielten sie sich eine Viertelstunde, so daß die anderen Anwesenden „welcher gemacht geredt, nicht Viel hören können.“11 Mehr darüber wissen wir aus einem Brief Leforts, den er nach Genf geschrieben hat. Lefort berichtet, daß das Thema der Unterhaltung die Frage von Krieg oder Frieden war.12 Offensichtlich ist die private Audienz für den Zaren freundschaftlich ausgegangen. Im Zeremonialprotokoll wurde nur trocken darüber vermerkt: „Hat geschinen, Er sey Von Ihro Mayst. Vergnügt wegg-/gangen.“13 Seinerseits berichtete Kardinal Leopold Graf Kollonitsch nach Rom, daß der Zar über die Begegnung mit dem Kaiser zufrieden war und den Tag als den glücklichsten seines Lebens bezeichnet hat.14 Die Wiener Diplomaten erwarteten temperamentvolle Zornausbrüche und waren statt dessen überrascht, einen höflichen, freundlichen, jungen Herrscher mit ausgezeichneten Manieren zu sehen. Daß der Zar zivilisiert, gut erzogen und mit guten Manieren war, berichteten auch der spanische und der venezianische Botschafter aus Wien.15 Man kann sagen, daß Peter mittlerweile gelernt hatte, sich auf dem diplomatischen Parkett, im Umgang mit den Mächtigen der westlichen Welt, sicher zu bewegen.16 Am 3. Juli besuchte der Zar inkognito die Oper in großen Saalzimmer der Residenz „Favorita“ und traf sich mit dem Kardinal Kollonitsch. Am 4. Juli stattete er der Kaiserin Eleonora Magdalena und den Prinzessinnen einen privaten Besuch ab und bemühte sich dabei, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Am 9. Juli wurde im Zeremonialprotokoll eingetragen: „Fält nach dem Moscovitische Calender das Festum Petri et Pauli und den Czars Nahmmenstag an.“17 Die Gesandtschaft veranstaltete eine „merenda“ im Königsegg’schen Palais mit Musik und Tanz bis spät in die Nacht. Im Auftrag des Kaisers wurde im Garten des Palastes eine Serenade aufgeführt und abends ein Feuerwerk abgebrannt, bei dessen Beginn die hell leuchtenden Buchstaben V.Z.P.A. (Vivat Czar Petrus Alexiowiz) 10 R. Massie, Peter der Große, S. 198. 11 HHStA, Zeremonialprotokoll, Bd. 5, fol. 422v. 12 M. Posselt, Der General und Admiral Franz Lefort. Sein Leben und seine Zeit. Bd. 2, Frankfurt am Main 1866, S. 486 f. L' HHStA, Zeremonialprotokoll, Bd. 5, fol. 422v. 14 A. Theiner, Monuments historiques relatifs aux régnes d’Alexis Michaélowitch, Féodor III et Pierre le Grand Czars de Russie extraits des archives du Vatican et de Naples. Rome 1859, S. 372. 15 M. Bogoslovskij, Petr I. Materialy dija biografii. Bd. 2, Leningrad 1941, S. 475-476. 16 R. Neumann-Hoditz, Peter der Große, S. 55. 17 HHStA, Zeremonialprotokoll, Bd. 5, fol. 427.