Österreich und das Heilige Römische Reich

KATALOGTEIL - I. Kaiser, Könige und Landesfürsten

Möglichkeit, Frankreich mit einem erstarkenden Königreich Spanien als Partner in die Zange zu nehmen. Nachdem Johannas Bruder Johann 1497 gestorben war und auch ihre ältere Schwester im Jahr darauf verstarb, war Johanna nun Thronfolgerin. Maximilian I. verfolgte diese Strategie der politischen Heiraten meisterlich, nach der spanischen Doppelhochzeit schuf er mit der Wiener Doppelhochzeit von 1515 die Voraussetzung für die Erwerbung Böhmens und Ungarns nach der Niederlage des ungarischen Reiterheeres bei Mohács 1526. Maximilian hatte diese Hochzeit jahrelang geplant und die habsburgischen Ansprüche auf Ungarn niemals aufgegeben. Auch das vorliegende Stück repräsentiert einen Teil dieser jahrelangen habsburgischen Planungen. Es stellt die Dokumentation des Gelingens des habsburgisch-hurgundischen Heiratsprojektes dar. Kaiser Friedrich III. hatte diesen Plan lange und zäh verfolgt, sein Gelingen war ein persönlicher Triumph des Kaisers. Die Verhandlungen mit Karl dem Kühnen, dem Vater Marias, waren lange und schwierig, man traf sich bereits 1473 in Trier, um die Verlobung abzuschließen. Dieser Plan scheiterte damals wohl an den Forderungen des burgundischen Herzogs, der ein „burgundisches Königtum“ forderte, ein Vorhaben, das sich wohl nie gegen Frankreich durchsetzen hätte lassen. Erst militärische Niederlagen brachten Karl von Burgund wieder an den Verhandlungstisch. Nachdem Karl in der Schlacht von Nancy am 5. Januar 1477 im Kampf gegen die Eidgenossen gefallen war, hielt Maria von Burgund am Heiratsversprechen ihres Vaters gegenüber Maximilian fest, die Ehe wurde am 21. April 1477 per procurationem abgeschlossen. Danach war es wichtig, dass Maximilian so rasch als möglich nach Burgund gelangte, damit die Trauung vollzogen werden konnte. Am 18. August ritt Maximilian schließlich in Gent ein, am nächsten Tag wurde die Trauung vorgenommen. Die bildliche Darstellung zeigt nun genau diesen Moment. Die beiden Brautleute stehen einander vor einem Geistlichen gegenüber, Maria ist in geistlicher Begleitung, Maximilian wird von seinem Schwertträger begleitet. Zu den Füssen der handelnden Personen befinden sich die beiden Wappenschilde, der österreichische Bindenschild neben dem burgundischen Schild. Die beiden Wappen fallen durch ihre Farbigkeit auf und symbolisieren für den Betrachter der Szene sofort, dass die Verbindung zwischen Habsburg und Burgund trotz aller Irrungen nun zustande gekommen ist. Der Bericht über die Hochzeit wurde anscheinend im Kloster Einsiedeln verfasst, möglicherweise ist es eine Auftragsarbeit des Innsbrucker Hofes, da sich der Verfasser als Anhänger Erzherzog Sigmunds von Tirol zu erkennen gibt. Gedacht war der Bericht für den Dogen und die Senatoren von Venedig, allerdings wurde das Stück nie abgeschickt. Siegmund von Tirol hatte sich für die österreichisch-burgundische Heirat stark eingesetzt, er wurde dafür von Friedrich III. auch mit dem Titel eines Erzherzogs belohnt. Dieser Titel stand nach der Bestätigung des Privilegium maius durch den Kaiser im Jahr 1453 nur der steirischen Linie der Habsburger zu. TJ 42

Next

/
Thumbnails
Contents