Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 30. (Budapest, 2016)
Nadine FINSTERWALD: Gewirkte Szenen aus dem Leben des heiligen Bernhard. Eine Untersuchung der zwei Tapisserien aus dem Kunstgewerbemuseum in Budapest
und deren Komposition somit durch einen lateinischen Titel, eine Darstellung und einen erklärenden lateinischen Text darunter gestaltet ist.7 Der Textstreifen über der Darstellung enthält ein Bibelzitat aus dem Alten oder Neuen Testament, während ein kurzer lateinischer Titel unterhalb des Bildfeldes auf die Quelle der Szene in der Vita prima Bernardi, auf das sogenannte Exordium Magnum oder einen Brief Bernhards8 verweist. Darunter steht ein sechszeiliges lateinisches Gedicht von Giulio Roscio.9 Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich die Unterschiede zwischen den Kupferstichen und den einzelnen Szenen der zwei Tapisserien vor allem durch die Raumkonzeption und die damit einhergehende Anordnung der Personen ergeben. Dies führt zu teilweise verschiedener Anzahl dargestellter Personen, die sich hauptsächlich durch feine Details unterscheiden, welche auf die Technik der Wirkerei zurückzuführen sind. Ein weiterer Unterschied ist in der dritten Szene der ersten Tapisserie, auf der Bernhard bei Roger in Sizilien gezeigt wird, zu finden. Die Person unten links trägt auf dem Stich das Schwert auf der anderen Seite als es auf der Tapisserie zu erkennen ist. Es könnte sein, dass hier dem Inhalt größere Wichtigkeit zugeschrieben wurde als den ästhetischen Aspekten, und das Schwert auf die linke Seite gewirkt wurde, damit es jeweils mit der rechten gezogen werden kann. Dasselbe ist in der zweiten Szene der zweiten Tapisserie bei Wilhelm von Aquitanien zu erkennen, der ebenfalls das Schwert auf der anderen Seite trägt. Außerdem ist die Szene der Lactatio beachtenswert. Hier finden wir auf dem Stich die größte Abweichung, so dass davon ausgegangen werden muss, dass für diese Szene ein anderes Vorbild vorhanden gewesen ist. Damit lassen sich sieben der acht Szenen den Stichen nach Tempesta zuordnen, während zu diesem Zeitpunkt offen gehalten werden muss, auf welche Vorlage sich die Szene der Lactatio alternativ 8. Lactatio (1, Szene 4) hätte stützen können. Insgesamt kann jedoch folgende Aussage Läszlös ergänzt werden: „Seit dem 17. Jahrhundert entwickelt sich auch der allgemein gebräuchliche Gesichtstyp des Heiligen: ein schmales, blasses Asketengesicht mit weißer Tonsur und kurzem weißem Bart. Diesem Gesicht begegnet man auch auf unseren beiden Bildteppichen, deren Entwurf von einem unbekannten Meister stammt.“10 Durch die Überlegungen der vorliegenden Arbeit kann diese Aussage insofern 85