Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 30. (Budapest, 2016)

Miklós GÁLOS: Eine Taufgarnitur von Hans Jakob II. Baur in Ungarn. Neuzuschreibung und Provenienz eines Augsburger Ensembles

MIKLÓS GÁLOS EINE TAUFGARNITUR VON HANS JAKOB II. BAUR IN UNGARN NEUZUSCHREIBUNG UND PROVENIENZ EINES AUGSBURGER ENSEMBLES 1. Eine Taufgarnitur an zwei Orten Die Glanzzeit der Augsburger Gold­schmiedekunst im 17. Jahrhundert ist im Kunstgewerbemuseum Budapest nicht be­sonders reich vertreten, sieht man von ei­nigen herausragenden Gegenständen der Sammlung Esterházy ab. Aus der Reihe der eher durchschnittlichen Kunstwerke ragt eine größere Deckelkanne hervor.1 Die birnenförmige Kanne steht auf einem hohen, konkaven Fuß. Korpus, Fuß und Deckel sind alternierend vergoldet und silbern belassen. Das Dekor besteht aus großen Akanthusblättern und einem Früchtefeston am Korpus über einem gol­denen Grund von kleineren Laubranken. Auf dem hochgewölbten Deckel steht ein gegossener Zapfen. Den separat gegosse­nen Volutenhenkel ziert eine Puttenher­me. (Abb. 1) Die Funktion der Kanne wird durch die getriebene Darstellung des ovalen Feldes am Körper deutlich: Die Überquerung des Roten Meeres ist typo- logisch das alttestamentarische Vorbild der Taufe. Die Kanne wurde vom Kunstgewerbe­museum im Jahre 1936, als die staatlichen Museumsbestände neu verteilt wurden, aus dem Ungarischen Nationalmuseum übernommen - zusammen mit vielen an­deren Werken der europäischen Gold­schmiedekunst. Da die Inventarnummer des Nationalmuseums damals nicht ver­zeichnet wurde, bedeutete die Übernahme zugleich den Verlust des gesamten damali­gen Wissensstandes über die Provenienz der Kanne. Die Kanne ist gut bezeichnet. Jeweils am Fuß, am oberen Rand des Korpus und am Deckel sind das Beschauzeichen der Stadt Augsburg und ein Meisterzeichen angebracht. Das Meisterzeichen besteht aus Buchstaben, die in ein Queroval ein­gefasst sind und bisher als „IB“ gelesen wurden. So findet sich die Kanne in Rosen­bergs Nachschlagewerk unter Nr. 664.2 Die dort zu lesende Angabe „Silberaus­stellung Budapest 1884“ ist jedoch nicht ohne Widersprüche, da in dem gedruckten Ausstellungskatalog die Kanne nicht zu finden ist.3 Die Kanne war also im Kunstgewer­bemuseum als Werk des Meisters IB ausgestellt - in den letzten Jahrzehnten allerdings wiederholt nicht alleine, sondern zusammen mit einer ebenfalls aus Augsburg stammenden Taufschüssel, die sich im Besitz der Evangelisch-Lutherischen Ge­meinde Odenburg/Sopron (Westungarn) befindet.4 Die in Ödenburg aufbewahrte Taufschüssel passt aufs beste zur Buda- pester Taufkanne. (Abb. 2) Ihr Rand ist mit Früchtefestons verziert, die von vier ge­flügelten Putti gehalten werden. Da­zwischen befinden sich vier Kartuschen, umrahmt von großen Akanthusblättern, die an das Dekor der Budapester Kanne erinnern. Den Spiegel der Schüssel nimmt eine getriebene mehrfigurige Darstellung 7

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