Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 29. (Budapest, 2013)

Balázs SEMSEY: Irreguläre Ornithologie. Angaben zur (Um)Gestaltung der Interpretation eines Motivs

det die erste Stufe die Verdoppelung, die im allgemeinen die spiegelsymmetrische Wie­derholung des Ausgangsmotivs bedeutet.37 Die Einlegearbeit auf dem Schrank - selbst in dem Fall, wenn die Auflösung des Emb­lems dem Besitzer keine Schwierigkeit be­reitete - weist nur noch unmittelbar auf die Selbsterkenntnis hin. Hinsichtlich der gan­zen Komposition des Gegenstandes wurde das Motiv an eine abgelegene Stelle plat­ziert und es geht zwischen den vorwiegend geometrischen Ornamenten, die die ganze Oberfläche des Schrankes einhüllen, beina­he verloren. Das die Symmetrie betonende Kompo­sitionsprinzip war schon immer beliebt in den verschiedenen Gattungen der Orna­mentik, seine Vollendung führt jedoch manchmal zu absurd erscheinenden Über­treibungen. Der Kunsthistoriker Gustav Edmund Pazaurek, der das Kunstgewerbe mit theoretischer Gründlichkeit untersuch­te, bezeichnete die auf den Schranktüren spiegelsymmetrisch platzierten Schlüssel­lochschilder als das offenbarste Beispiel für das aller Rationalität entbehrende und die Symmetrie anstrebende Schaffen von Ge­genständen — eines der beiden sei hinsicht­lich des Gebrauches vollkommen überflüs­sig.38 Diese Formgebung ist über Jahrhun­derte in der Möbelkunst zu beobachten. (Abb. 11) Pazaurek bezeichnete diese Bei­spiele — motiviert durch das Engagement für Geschmackserziehung - etwas zu streng als „funktionelle Lüge”. Der Betrachter von heute kann viel konzessiver die Gegen­stände akzeptieren, die die Denkweise ihrer Epoche treu widerspiegeln, obwohl sie mit praktischer Gesinnung schwer kompatibel sind. Hinsichtlich der Komposition ist das verdoppelte Vogel-Motiv mit dem über­flüssigen Schlüssellochschild zu verglei­chen, die Parallele ist jedoch in symboli­schem Sinne ebenfalls erfassbar: Falls es sich um ornamentale Elemente handelt, brauchen sie keinen Schlüssel. ANMERKUNGEN 1 Inv.-Nr. 5329. Über die Sammlung von István Delhaes s. Horváth, Hilda: Iparművészeti kincsek Magyarországon. Tisztelet az adományozónak [Schätze des Kunstgewerbes in Ungarn. Ehre dem Donator] Budapest 2000, S. 23, 38-39. 2 Archiv des Kunstgewerbemuseums, Negativ/Foto Inv.-Nr. 33579 (das genaue Datum der Aufnahme ist unbekannt). 3 Der Schlitten wurde 2009-2010 von Ferenc Végh, Ferenc Takács und Attila Pataki restauriert. 4 U. a. Schmidt, Leopold: Der Vogel Selbsterkenntnis. Zwischen Volkskunst und Redensart. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde. Kongressheft, Wien 1952 (im Weiteren: Schmidt 1952), S. 134-144; Kretzenbacher, Leopold: Ein steirischer Beleg zum „Vogel Selbsterkenntnis“. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, Bd. 56, Heft 1-2, 1953 (im Weiteren: Kretzenbacher 1953), S. 51-52; Grabner, Elfriede: „Nimm dich selbst bei deiner Nasen...“ Zwei weitere steirische Belege zum „Vogel Selbsterkenntnis“. Blätter für Heimatkunde. Hrsg, vom Historischen Verein für Steiermark, 56,1982 (im Weiteren: Grabner 1982), S. 42-49. Darüber hinaus die von den erwähnten Autoren zitierten, von mir jedoch leider nicht gelesenen Werke: Fraenger, Wilhelm: Deutsche Vorlagen zu russischen Volksbilderbogen des 18. Jahrhunderts. Jahrbuch für historische Volkskunde, II. Berlin 1926 (im Weiteren: Fraenger 1926), S. 126-173; bzw. Erich, Oswald A.: Die Tierallegorie. Volkswerk. Jahrbuch des Staatlichen Museums für Deutsche Volkskunde, III. Jena 1943, S. 84 f. 51

Next

/
Thumbnails
Contents