Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 27. (Budapest, 2009)

Györgyi NAGY: Gemalte Textilmuster in der Flügelaltarkunst des mittelalterlichen Ungarns

lienische Studenten auf Studienreise in die Niederlande. 4 Als besondere Qualität der niederländischen Malerei ist in den Quellen die Neigung zur naturgetreuen Darstellung kostspieliger Stoffe, von Gold, Edelsteinen und natürlich von Luxusstoffen angeführt. So würdigt zum Beispiel Ciriaco d'Ancona - in einer Triptichonbeschreibung der Fer­raraer Sammlung von Lionello d'Este - in der Kunst Rogier van der Weydens die über­zeugende Darstellung von Brokat, Perlen und Edelsteinen und hebt selbstverständlich diese Elemente auch bei seinen italienischen Malergenossen hervor. 5 Die Künstler konn­ten aui ihren Studienreisen und Wanderun­gen mit diesen Impulsen in Berührung ge­kommen sein, um dann mit ihren Muster­und Skizzenbüchern anderenorts wieder vollständige Kompositionen, Detaillösun­gen und auch verschiedene Textilmuster zu verbreiten. Bei der bedeutendsten Gestalt der Wiener Malerei im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts, dem leitenden Meister des Hauptaltars der Schottenkirche, zum Bei­spiel kann man eine tatsächlich stattgefun­dene Reise in die Niederlande voraussetz­ten. 6 Diesen Meister identifiziert die neuere Forschung mit Hans Siebenbürger, der im Laufe seiner Wanderjahre in der Nürnberger Werkstatt Hans Pleydenwurffs tätig war und deren Stil, der unter dem Einfluss der niederländischen Malerei stand, er dann nach Wien vermittelte. Die bei Adel, Klerus und Patriziern be­liebten und geschätzten Luxustextilien wur­den in Lucca, Venedig, Florenz und Genua angefertigt. Die Handelshäuser Italiens richteten europaweit in mehreren Städten Zweigstellen ein, von wo sie ihre betuchten Käufer unmittelbar belieferten. Für den Norden war Brügge, Sitz der den Pomp und Prunk liebenden Herzöge von Burgund, der Haupttextilumsatzplatz. Aus der Seide, dem Samt und Brokat Italiens wurde nicht nur die modische Tracht der Vornehmen angefertigt, auch die Messgewänder hoben mit ihrem feierlichen Glitzern und Funkeln den Glanz der Liturgie. Die differenzierte Wiedergabe ihrer Stofflichkeit und Ober­flächenstruktur an den Werken von Petrus Christus, Rogier van der Weyden und Ma­lergenossen zeugt davon, dass sie diese Stof­fe unmittelbar gekannt haben mussten. Die schnelle Übernahme der schönsten und be­sten Stoffe aus Lucca und Florenz in die frühe niederländische Malerei ist mit die­sem unmittelbaren Kontakt zu erklären. 8 Neben der künstlerischen Qualität und ganz sicher dem Anliegen der Auftraggeber nach Repräsentation kann auch die theologi­sche Auffassung, nach der die Schönheit des Materials auf das göttliche Werk der Schöp­fung weist, in Betracht gezogen werden. Samt, Seide, Gold, Silber und Perlen, die in der Reichsbekleidungsordnung nur Grafen und Herzögen gestattet waren, können an der Kleidung der Heiligen als Zeichen der Gott und ihnen dargebotenen Verehrung be­trachtet werden. 9 Hier steht in erster Linie nicht so sehr der materielle Wert des Stoffes im Mittelpunkt des Interesses, sondern des­sen Imitierung mit den Mitteln des Malers. 3. Infrarot-Aufnahme (Mária Magdolna Simon, Restauratorstudentin) 53

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