Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)
András SZILÁGYI: Vergänglichkeit, Treue, Tod. Kunstwerke mit allegorischen Darstellungen aus dem 17. Jahrhundert
ist/war, und wenn ja, in welcher Gattung. [Es sei hier angemerkt: wir denken dabei an den Bestand der Barockkunst in Ungarn und meinen damit freilich auch Werke, die in ungarischem Auftrag entstanden sind, wo immer sie auch ausgeführt wurden, und auch jene Werke, die kurz nach ihrer Entstehung nach Ungarn gelangt sind und sich auch gegenwärtig innerhalb der so genannten „historischen Grenzen" des Landes befindend Was nun die Gattungen angeht, würde man in erster Linie an die graphischen Blätter der Zeit denken, aber dieser Darstellungstyp kommt dort nicht vor. Die erwähnten Werke von Bálint Lépes und Mátyás Nyéki Vörös enthalten keine Illustrationen. Dafür erscheint aber das Thema im Bestand der Barockkunst an einem Ort und in einer Gattung, wo man es sozusagen am wenigsten erwartet hätte. Das fragliche Kunstwerk ist ein Holzrelief, nicht besonders anspruchsvoll bearbeitet, aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert. Es lässt sich als ein merkwürdiger Votivgegenstand einstufen, den man viel eher unter die gegenständlichen Zeugen der Volksfrömmigkeit als unter die Kunstwerke einer aristokratischen Kunstsammlung einordnen würde. (Abb. 6) Der Aufbewahrungsort des Stücks ist aber die Schatzkammer der Fürsten Esterházy auf der Burg Forchtenstein. So ein Gegenstand mutet zweifelsohne merkwürdig in einer Sammlung an, die im 17. Jahrhundert bekanntlich nach den Ansprüchen, Erwartungen und Forderungen der Repräsentation einer Aristokratenfamilie, als eine Magnatenschatzkammer angelegt und entwickelt wurde. Die Komposition lässt sich - mit den vier Szenen in einem gemeinsamen Rahmen in der Mitte - klar interpretieren. Der Gegenstand der vier Darstellungen lässt sich ebenfalls identifizieren, und zwar anhand der lateinischen Inschrift, die auf dem inneren Rahmen der vier Szenen beginnt POST MODICVM (bald, nach kurzer Zeit) - und sich auf der waagerechten Mittelachse des Stücks fortsetzt: EN MORS IVDICIVM GLORIA POENA VENIT. Besondere Aufmerksamkeit verdienen das vierte und fünfte Wort der letzteren Inschrift: Gloria I Ehre (statt Caelum) bzw. Poena I Strafe (statt Infernus). Diese beiden Abweichungen vom traditionellen Wortgebrauch haben die „Botschaft" der Komposition nicht geändert, höchstens in gewisser Hinsicht nuanciert und modifiziert. Die vier Darstellungen, wie auch die Inschrift der unteren Leiste des Reliefs: MEMENTO MORI verkünden den Gedanken - das nachdrückliche Imperativ Gedenke des Todes - emblematisch und lakonisch knapp, der in den zuvor angeführten Werken - z. B. der Kupferstich von Hieronymus Wierix mit seinen Inschriften - wirkungsvoll didaktisch und äußerst akkurat ausgeführt ist. Diese Art der Behandlung des Themenkreises ist zwar ziemlich selten, kann aber nicht als ein Einzelfall in der darstellenden Kunst des Barock betrachtet werden. Als Beispiel können wir auf die vom Stuckwerk gerahmten Wandgemälde von Egid Quirin Asam (1692-1750) in der Vorhalle der Klosterkirche in Weltenburg (zwischen 1734 und 1736) hinweisen, wo die vier letzten Dinge durch ihre Symbole dargestellt sind. 8 Im Zusammenhang mit dem Memento Mort-Relief stellt sich für die ForchtensteinForschung vor allem die Frage, ob es in der einstigen Esterházy-Schatzkammer hinsichtlich der Gattung, der Ikonographie, der Bestimmung und der Bearbeitung weitere ähnliche Stücke gab. Wäre es möglich, dass sich in den bis heute erhaltenen Beständen, die auf Burg Forchtenstein bewahrt werden, noch derartige Stücke verbergen? Die Beantwortung, und zwar die ent-