Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 21. (Budapest, 2002)
Réka SEMSEY: Eine bislang unbekannte Arbeit von Wilhelm Jakob Seberth in Ungarn. Die Meßkleidgarnitur von Erzbischof József Batthyány in der Schatzkammer der Erzdiözese von Kalocsa
RÉKASEMSEY EINE BISLANG UNBEKANNTE ARBEIT VON WILHELM JAKOB SEBERTH IN UNGARN Die Meßkleidgarnitur von Erzbischof József Batthyány in der Schatzkammer der Erzdiözese von Kalocsa* In der Sammlung der Schatzkammer der Erzdiözese von Kalocsa befindet sich eine gestickte Kasel mit Zubehör - Stola, Manipel, Bursa, Palla und Kelchvelum -, laut Inschrift der Palla ein Werk von Wilhelm Jakob Seberth, ausgeführt nach Inschrift der Bursa und nach Datierung beider Stücke im Jahr 1764 für Erzbischof József Batthyány von Kalocsa. 1 Die Kasel 2 hat die in der Barockzeit übliche Baßgeigenform. Die Stickerei ist an allen Stücken gleich, mit Gold-, Silber-, und Seidenfaden sowie mit Wollgarn ausgeführt. Seberth stickte die figürlichen Teile in der Technik der Nadelmalerei, die zentralen Szenen der Vorderseite und der Rückseite mit Wollgarn, den oberen Teil, die Seitenteile sowie die Figuren an den Zubehörteilen mit Seide. Kasel, Kelchvelum, Stola und Manipel sind durch Goldborten gerahmt, die Inschriften sind in Bouillon-Technik, mit Flittern, in Goldstickerei ausgeführt. Die größeren Partien mit Metallfaden gestaltete der Meister in Anlegetechnik mit Überfangstichen. Das Futter der Kasel ist lachsfarbener Baumwollatlas, das der übrigen Teile roter Seidentaft. Das Futter der Stola und des Manipels ist zusammengestückt. Der Stickgrund der zusammengehörigen Stücke, der historisierende Seidendamast mit Granatapfelmuster, entstand mit Gewißheit nicht im 18. Jahrhundert. Die Muster der Gewebe aus dem 18. Jahrhundert weichen von diesem, sich symmetrisch wiederholenden Muster deutlich ab. 3 Damaste mit ähnlichem Muster sind aus dem 15. Jahrhundert überliefert, 4 der Grundstoff der Paramente ist deren Nachbildung. Nach einer Bemerkung im Katalog der Wiener Ausstellung von 1904 s wurde die Kasel auf neuen Grund übertragen. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war es ein allgemeiner Brauch, die Meßgewänder zu erneuem. Selbst Stickerein in gutem Erhaltungszustand wurden auf neuen Grund, also die Originaldekoration auf einen historisierenden Stoff übertragen. 6 Von der Umgestaltung beziehungsweise Restaurierung zeugt auch das Futter der Kasel aus fleischfarbenem Baumwollatlas. Das Originalfutter dürfte der rote Seidentaft gewesen sein, der in den Zubehörteilen noch vorhanden ist. Das im Vergleich zum Ganzen ungeschicktere und gröbere Blumenmuster an den Rändern der Kasel, an der Stola, am Manipel und am Kelchvelum, ist eine nachträgliche Arbeit. Die Engel am Rand der Kasel, die die Spruchbänder bzw. an der Rückseite die Weintraube und die Weizengarbe halten, zeigen ebenfalls Spuren der Umgestaltung, weil sie von den Borten teilweise verdeckt sind, was sich wohl durch die Ausbesserungen ergab. * Die erste Fassung vorliegender Studie wurde 2001 als Magisterarbeit am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Katholischen Universität Péter Pázmány eingereicht. An dieser Stelle möchte ich meinen Konsulcnten, Emese Pásztor und András Szilágyi, meinen besonderen Dank aussprechen. Weiters gilt mein Dank für Anregungen in fachlichen Fragen Zoltán Szilárdfy, sodann Balázs Bábel, Erzbischof von Kalocsa, der mir die Untersuchung des Kunstwerks an Ort und Stelle ermöglichte, ferner Andor Lakatos, dem Leiter des Archivs des Erzbistums Kalocsa, der mir bei der Heraushebung des Meßgewandes und der Vorbereitung der Fotografierung behilflich war und schließlich Anikó Pataki, der Restauratorin des Kunstgewerbemuseums, die die meisten Objektfotos anfertigte und meine Aufmerksamkeit auf technische Probleme hinlenkte.