Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 19. (Budapest, 2000)

Emőke LÁSZLÓ: Maria Christin a Staretins Stickmusterzeichnungen aus 1697

ersten acht Blätter des Buches. Auf den acht Blättern sieht man insgesamt 31 Streifen­verzierungen, von denen alle ein wellen­artiges Rankenwerk darstellen. Die zunächst mit einer etwas unsicheren Hand gezeich­neten Ranken, Blätter und Blumen werden zunehmend komplizierter und üppiger: ihr Anfertiger legt letztendlich ein hohes zeich­nerisches Können und eine reichhaltige Phantasie an den Tag. Nach den anfangs nur linienförmigen, sodann gleicherweise aus­gefüllten Mustern erscheint auf dem 5. Blatt schon eine Art Ausfüllung der Motive, die bereits auf die Stichformen hinweist. Die Sticker haben die Motive und Muster der ungarischen Stickereien, der „Adels­stickereien" auf einem Grund aus Lein­wand, Seide oder Tuch im Zeitraum vom 16. bis zum 18. Jahrhundert nach „genäh­ten", also gestickten, oder nach „geschrie­benen", also gezeichneten Vorbildern angefertigt. Über das Vorhandensein dieser Muster und Motive sowie über ihr Ausleihen an die Kollegen kennen wir eine Anzahl von Angaben aus dem Briefwechsel der Meister, ferner aus Archiven und aus jenen Arbeiten, die je eine Gruppe der ungarischen Stickereien der Epoche bearbeitet haben. Die bisher einzig bekannte Serie der „geschriebenen" Beispiele veröffentlichte Gertrud Palotay 3 . Diese Stickmusterzeichnungen befanden sich im Jahr 1941 im Besitz des Nationalmuseums Siebenbürgens, die Zeichnungen stammen von Júlia Rédei und ihrer Tochter Agnes Bethlen aus dem ausgehenden 17. Jahr­hundert und dem ersten Quartal des 18. Jahrhunderts. Diese neun Zeichnungen ha­ben die gleiche Grösse wie die Stickerei, die nach ihnen herzustellen war, daher war es im Gegensatz zu den aus Musterbüchern genommenen Mustern, nicht nötig, sie zu vergrössern. Ihre Kopierung auf Leinwand wurde aufgrund von Nadelstichen, die auf einer der Zeichnungen gut ausnehmbar sind, mit einem Verfahren der auch später ge­bräuchlichen gestochenen Schablone be­werkstelligt 4 . Die Stickmuster von Maria Christina Staretin folgen der Form jener Musterbücher mit einer Holzschnittsodann Kupferstichtechnik, die vom zweiten Quar­tal des 16. Jahrhunderts an in wachsender Zahl erschienen waren; auf je einer Seite zeichnete sie gleich mehrere Streifenmuster, welche sich auf die gewünschte Grösse vergrössern lassen. Bei der Untersuchung dieser Zeich­nungen sind wir vor die Aufgabe gestellt, nach einer Antwort auf gleich mehrere Fragen zu suchen. In welcher Beziehung stehen sie mit der Spätrenaissance-Orna­mentik der Zeit, mit den Musterbüchern, stellen sie wirklich Stickmuster dar, lassen sie sich mit den ungarischen Adelssticke­reien in Beziehung bringen, und schliess­lich, wo stammen sie denn eigentlich her? Es wäre logisch, mit der letzten Frage anzufangen, doch weil wir bezüglich des Designers, dessen Meisters und des Malers, der das Musterbuch verkauft hat, über keine Angabe verfugen, können wir eine annehm­bare Antwort auf die Frage der Herkunft erst im Besitz der Antwort auf die vorigen Fragen geben. Die Verbreitung der Renaissance-Orna­mentik in Ungarn und ihr Einfluss auf die ungarische Ornamentik ging gleich auf mehreren Wegen vor sich. Die ornamentale Verzierung der Renaissance-Steinmetzar­beiten, die Gebäude und Grabplatten gesch­mückt hatten, erschienen bald auch auf den Holzskulpturen. Die gemalten ornamentalen Motive und Muster gelangten aus den königlichen Miniaturwerkstätten in Buda auch zu den Meistern, die handgeschriebene Bücher, Gesangsbücher, Urkunden, Wap­penbriefe und Zunftbriefe angefertigt haben. Die ornamentale Verzierung der benannte Produkte anfertigenden Meister wurden in einem relativ breiten Kreis bekannt. Als dritte Quelle können die Musterbücher betrachtet werden, und letztlich war auch der Einfluss von jenen Seiden- und Samt­stoffen sowie Stickereien, ferner von son-

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