Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 19. (Budapest, 2000)

Ildikó PANDUR: Über vier unbekannte Goldschmiedearbeiten Lukas Neussers. Augsburger Kerzenleuchter mit dem Wappen Miklós Esterházys um 1630-1635

Bartholomews Kilian, Dominicus Custos, W. P. Zimmermann, Elias Widemann und der in Wien wirkende Tobias Sattler) ar­beiteten für ungarische Auftraggeber, unter ihnen für Paul (1635-1713), der der Sohn von Nikolaus Esterházy war und seine Er­ziehung bei den Jesuiten in Nagyszombat genoss. Das Thesenblatt Michaels, seines Enkelkindes, wurde zum Beispiel von Jonas Drentwett entworfen 20 . Die Kunstwerke der Augsburger Goldschmiede erfreuten sich im 16-17. Jahrhundert in ganz Europa, so auch in Ungarn besonderer Beliebtheit. Ausser den diplomatischen Geschenken, die für die Türken bestimmt waren, Hessen ungarische Adeligen zum Beispiel auch das Silber­geschirr, das sie selbst gebrauchten, meis­tens in Augsburg herstellen. Die einfluss­reichsten Vertreter dieser Adeligen konnten im Besitz einer kaiserlichen Genehmigung zollfrei Silber nach Augsburg liefern und von dort aus die fertigen Gegenstände wiederum ins Land einführen' 1 . Der Buda­pester Bestand der Esterházy-Schatzkammer enthält zwanzig Augsburger Goldschmiede­arbeiten (unter ihnen herausragende Werke der Sammlung) 22 . Die vielleicht bekannteste Arbeit ist jene Prunkschüssel, die zum An­denken an die Schlacht bei Vezekény im Jahr 1654 angefertigt wurde und von Paul Esterházy bei dem Mitglied einer berühmten Augsburger Goldschmiedefamilie, Philipp Jakob Drentwett, dem Hofgoldschmied sei­nes Schwagers, Franz Nádasdy, bestellt worden war 3 . Für die frühere Beziehung zwischen der Familie und den Augsburger Goldschmieden spricht, dass der neulich zum Vorschein gekommene Hausaltar 24 des gläubigen Katholiken Nikolaus Esterházy — ähnlich dem Hausaltar der hervorragendsten Persönlichkeit der ungarischen Gegenrefor­mation, Péter Kardinal Pázmány (Abbildung 6) 25 — ebenfalls in diesem berühmten Zent­rum süddeutscher Goldschmiedekunst, in der Werkstatt eines protestantischen Meis­ters hergestellt worden war. Das Esterházy­Wappen des Budapester Kerzenleuchter­paares weist zweifelsohne auf die Person des Stifters hin. In Ermangelung schriftlicher Beweise können wir uns vorerst aber nur auf Vermutungen in jener Hinsicht verlassen, für welche Kirche diese Stücke eigentlich von Nikolaus Esterházy gestiftet worden seien 26 . Von ihrem Bestimmungsplatz dürften sie wohl infolge des Erlasses von Joseph II. (Regierungszeit: 1780-1790) über die Auf­lösung von Ordensgemeinschaften, ebenso, wie die Werke in Mariazell weggekommen und in eine Privatsammlung gelangt sein. In der Mariazeller Gnadenkapelle Hess Paul Esterházy im Jahr 1690 einen Altar errichten. Uber diesen Altar wissen wir, dass auf einem von ihm gemachten Kupferstich, der von Jacob Hoffmann angefertigt und in Forch­tenstein aufbewahrt wurde, drei Paar Altarleuchter zu sehen sind, die zu dem von uns untersuchten Typ gehören. 27 Der Palatin, der ein herausragender Kunstmäzen gewesen ist, Hess selber ein Verzeichnis über die von ihm errichteten Altäre und Skulpturen anlegen 28 . Es ist interessant und vermutlich kein Zufall, dass Augsburger Goldschmiede­arbeiten, die auf irgendeine Weise miteinan­der in Kontakt gebracht werden können, in Raum und Zeit (im einstigen Nord­westungarn und in der Umgebung) in einer relativen Nähe zueinander auftauchen. In der Nähe der Schatzkammer des Stifters der Budapester Kerzenleuchter und der Votiv­tafel von Jasna Góra, Forchtenstein, befand sich nicht nur Nagymárton, das zum Ester­házysehen Protektorat gehörte und wo das Werk von Lukas Neusser aufbewahrt wurde. Ein späteres (aus dem Jahr 1712 stammendes) Beispiel für diesen Typ von Altarleuchtern ist ein 52 cm hohes, üppig gestaltetes (mit figürlichen Szenen ge­schmücktes), mit einem Augsburger Merk­zeichen und einem Monogramm „LI" bezeichnetes Stück im Besitz der evan­gelischen Kirchengemeinde von Ödenburg 29 (Abbildung 7). Die Schätze der Kirche sind ähnlich den anderen protestantischen Kir-

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