Vadas József (szerk.): Ars Decorativa 10. (Budapest, 1991)

SZILÁGYI András: Egy diplomáciai ajándék a 17. századból

Zugleich mussten aber die Nürnberger Patrizier sehen, dass ihre Initiativen und überhaupt ihre Politik, mit welcher sie ih­ren Beitritt der Union vorbereitet und die sie seither praktiziert haben, im Prager Hof Rudolfs II. zunehmenden Widerwillen und Misstrauen hervorriefen. Das Verhält­nis zwischen dem Stadtstaat und der Insti­tution des deutsch-römischen Kaisertums war nach wie vor betrübt, doch in den letz­ten anderthalb Jahren der Regierungszeit Rudolfs wurde es seltsam und ambivalent. Einerseits gab es die Generationen hin­durch herrschende, einflussreiche Traditi­on des Patriotismus selbstbewusster Bür­ger, der sie nicht nur mit den grossen Ge­stalten der deutschen Vergangenheit, son­dern auch mit deren Nachfolgern und dem Erben, dem jederzeitigen Herrscher des Reiches verband. 3 Andererseits machte die rudolfinische Regierung gerade das un­möglich, dass die Stadt ihr Ansehen, die Vorteile ihres privilegierten Status inner­halb des Reiches in ihrer „täglichen Poli­tik" wahrnehmen und ausnützen konnte. Diese Situation veranlasste die Nürnber­ger Ratsherren, dass sie - selbst auf die Gefahr hin, die Missbilligung ihrer Ver­bündeten, der Fürstentümer der Union hervorzurufen - Kontakte mit solchen Faktoren und Persönlichkeiten der Reichs­politik aufnahmen, die selbst mit der Re­gierung Rudolfs II. unzufrieden waren. Vor allem war es der Bruder und Rivale des Herrschers, Matthias, König von Ungarn und - seit 1611 - auch von Böhmen, den sie für sich gewinnen wollten; zugleich such­ten sie das Misstrauen aus dem Weg zu räumen, das Matthias und seinen Ratsher­ren zu eigen war. Nach solchen Vorgeschehnissen starb Rudolf II. am 20. Januar 1612; da setzte sich auf einmal die offene und geheime Diplomatie sämtlicher Faktoren des Rei­ches in Bewegung, so auch die des Nürn­berger Stadtstaates. Sie betrachtete ihren primären Zweck darin, eine eindeutige Stellung zur Frage der Nachfolge zu neh­men, ausserdem unzweideutig zu demon­strieren : ihre Vorbehalte galten keinesfalls der kaiserlichen Macht und der herrschen­den Dynastie, sondern lediglich der frühe­ren schwachen und inkonsequenten Poli­tik. Urkundlich belegt sind diese diploma­tischen Schritte im Nürnberger Staatsar­chiv, es gibt aber eine Art Dokument der zielgerichteten politischen und diplomati­schen Gesten, ein Kunstwerk, das zugleich ein repräsentatives Stück der manieristi­schen Goldschmiedekunst ist. Es handelt sich um einen mit Deckel versehenen Pokal aus der Schatzkammer der Familie Ester­házy in Forchtenstein, er wird derzeit im Museum für Kunstgewerbe in Budapest aufbewahrt. Dieses Kunstwerk ist in der internatio­nalen Fachliteratur ziemlich ausführlich behandelt, die Frage seiner Attribution und Datierung ist bereits geklärt. Der Po­kal trägt ein Nürnberger Beschauzeichen sowie die Meistermarke eines der hervorra­gendsten Künstlers der Zeit, Hans Petz­olt. 4 Seine Datierung ist mit Marc Rosen­berg verbunden; er hat nämlich das Werk in seiner grundlegenden Publikation aus 1925 mit folgender Angabe des Rech­nungsbuches des Nürnberger Stadtrates in Verbindung gebracht: „Ein schön silbern vergultes, kunstlich gearbeitetes Trinkge­schirr, auf dem Deckel ein Weibsbild, auf ihren Haubt ein Cron, in der rechten Hand einen Scepter und in der linken Hand einen fligenten Adler empor haltent, zu dero Füs­sen ein Hund sitzent, wigt 16 M. 11 L. ... Von Hansen Petzolt, Goldschmid, Anno 1612 pro 450 Fl. uberhaubt kauft, Thut Fl. 450". 5 Die Beschreibung und die darin enthal­tene Gewichtsbezeichnung - 16 Mark, 11 Lot (entspricht heute 4,005 gr) führen zur sicheren Annahme, dass sich die angeführ­te Angabe in der Tat auf unseren Gegen­stand, eines der wertvollsten Werke unse­rer Sammlung bezieht. 6 Sie enthält aber auch eine weitere wichtige Information in Bezug auf die Umstände der Anfertigung. Die Belohnung, 450 Florine - sie entspre­chen fast einem kleineren Vermögen -,

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