Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 8. (Budapest, 1984)
LÁSZLÓ, Emőke: Netzarbeiten aus dem 16—18. Jahrhundert in Ungarn
noch mehrere Netzfragmente finden, jedoch die Rekonstruierung dieser ist noch schwieriger als bei den sonstigen Textilien, da ihres Grundstoffes wegen gehören diese zu den auf Schäden empfindlichsten Objekten. Im Verlaufe der 16—18. Jahrhunderte verfertigte man in Ungarn wahrscheinlich — ähnlicherweise der sog. Damenstrickarbeiten („úrihímzés") — den Grossteil der Netzarbeiten in den Edelhöfen. Die adelige Hausfrau, ihre Tochter, die bei ihr erzogenen Edelfräulein und Dienstmädchen stickten diese für bestimmte festliche Gelegenheiten, oder eben für einen Staffierungsteil eines sich verheiratenden Mädchens. Berühmt war Frau Ferenc Batthyány, geb. Éva Poppel wegen ihrer Filets mit Metallfäden und „verdrehten" („forgatott') Netzen. Im Jahre 1608 baten sie ihre Verwandte in Böhmen um netzherstellende Mädchen, sowie solche Personen, die sich aufs „verdrehten" Netz gut verstehen. 21 Die Erklärung dieses Ausdrucks, der vermutlicherweise sich auf die Technik der Netzarbeit bezieht, können wir leider vorläufig nicht angeben. 22 Im Mobiliennachlass von Ilona Esterházy (1651) 32 registrierte man auch ein „Papier-NetzstichEisen" (?). Unter der Kleinoden der reformierten Kirchen finden wir zahlreiche solche Abendmahldecken, die die hochadeligen Frauen spendeten und überlieferungsgemäss von diesen selbst verfertigt wurden. So gab Zsuzsanna (Susanna) Lórántffy, die Gemahlin des Fürsten von Siebenbürgen György (Georg) I. Rákóczi im Jahre 1635 eine Tafeldecke mit Netzeinlage für die reformierte Kirche von Nagyvárad 24 (Grosswardein, heute Oradea), und bewahrt ein recht ähnliches Exemplar die reformierte Kirche zu Debrecen. 25 Frau József Teleki, Kata Bethlen „die Waise" (Árva) spendierte für die reformierte Kirche zu Debrecen eine mit Netz versehene Decke, verziert mit Symbolen der Evangelisten, ferner ähnliche auch für die Kirchen von Olthéviz (Hoghiz) und Küküllövár (Cetatea de Baltä) 26 . Von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts besassen neben den Edelhöfen wahrscheinlich auch die kleinadeligen Dörfer und Kleinstädte Werkstätte für Netzarbeiten. Wir besitzen zurzeit keinerlei konkrete Angaben zu dieser Frage, doch finden wir in den archivalischen Aufzeichnungen diesbezügliche Hinweisungen, und darauf deuten auch die öfters vorkommenden Ausdrücke auf den spendierten Stücken hin: „csináltatta", d. h. „er/sie liess es machen". Für die unter der Türkenherrschaft sich ausgestaltete ungarische Stickerei war ein eigenartiger Stil charakteristisch. Dies hat die italienischen Traditionen, orientalischen Motive und die türkische Sticktechnik gleichermassen zusammengeschmolzen. Einige Netzstickereien unterscheiden sich stark — in erster Reihe die aus Oberungarn stammenden — von auf diese Weise charakteristisch ausgebildeten Netzarbeiten, ihr Musterschatz richtet sich durch Jahrhunderte nach den westeuropäischen Musterbüchern. Die Musterbücher, die anfangs Blätter mit Holzschnitt, später mit Kupferstich versehen wurden, teilten Stickerei- und Spitzenmuster mit. Die frühen Exemplare geben Musterungen hauptsächlich zu Durchbrucharbeit und Kreuzstickereien an, diese konnten zu den ebenfalls mit geometrischem Grunde versehenen Netzarbeiten angewendet werden. Federigo da Vinciolo (Les singuliers et nouveaux pourtraicts ..., Paris, 1587) war der erste, der fast die Hälfte seines Buches, das sich übrigens mit figuralen Mustern beschäftigte, dem Netz widmete. Etwas später liess Matthias Mignerak (Paris, 1605) ein Buch, grösstenteils mit Netzmustern 75