Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 5. (Budapest, 1977)
RADOJKOVIC, Bojana: Einige serbische Schmuckexemplare
derseitigen Einflüsse kreuzten, hat sich eine spezifische Kultur herausgebildet, die für den Boden dem sie entsprossen durchaus bezeichnend war. Bereits im 13. und 14. Jahrhundert kann man aus der grossen Familie des auf dem Balkan entstandenen Schmucks spezifische Exemplare aussondern, von denen vorausgesetzt werden darf, dass sie aus dem Bereich des mittelalterlichen Serbiens stammen. Unter den vielen Schmucksorten, die zu jener Zeit getragen wurden, sind für das Gebiet Serbiens am bezeichnendsten Ringe, deren Form und Verzierung eigene Besonderheiten auf weisen. Während im 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Form der Ringe im Spätantiken und Frühbyzantinischen wurzelt, ist das Ornament mit der dekorativen Motiven des romanischen Mittelmeergebiets eng verknüpft. Seit den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts nähern sich die Ringe aus dem Gebiet des mittelalterlichen Serbiens, ihrer Form nach, den gotischen Ringen aus derselben Periode, während das Ornament eine Sondervariante von Palmetten und Akanthusblättern bildet. Am hervorragenden „Hals" der Ringe dominiert die Palmette, meistens mit Niello ausgefüllt, während am ,.Kopfe" ein phantastisches wildes Tier als heraldisches Zeichen vorherrscht. Ein Ring, heute im Budapester Museum für Kunstgewerbe, mit profiliertem Reif und hervorragendem ,,Kopf", worauf ein Löwe dargestellt ist, entstanden in den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts, stellt ein charakteristisches Exemplar der serbischen Ringe aus dieser Periode dar, die auf dem Boden des serbischen mittelalterlichen Staates hergestellt wurden. 3 Einige ähnliche Ringe, heute im Nationalmuseum und im Museum der angewandten Kunst in Beograd, wurden in Lokalitäten zwischen Kopaonik und Rudnik gefunden; etliche davon tragen Anschriften und bezeugen die Herkunft dieser Ringe/' Spielarten dieses Typus bestehen auch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, aber mit bereits vollkommen ausgeprägten heraldischen Motiven, die aus Mitteleuropa auf den Boden des Balkans gelangt sind. Während die Ringe aus dem Bereich des mittelalterlichen Serbiens ein eigenes spezifisches Aussehen haben, das sie von den in den Nachbarländern entstandenen deutlich abhebt, halten sich die Ohrgehänge — ständiger Schmuck der serbischen Edelfrauen — in Form. Ornament und technischer Ausführung vollkommen an die damaligen byzantinischen Vorbilder. Auf Grund der bis heute erhaltenen Exemplare kann die Form und Verzierung der einzelnen, im mittelalterlichen Serbien getragenen Ohrgehänge gut veranschaulicht werden. Mit Hilfe der Schriftquellen, besonders der im Historischen Archiv von Dubrovnik und Kotor aufbewahrten, sowie an Hand von Darstellungen in der serbischen Wandmalerei, können auch jene Typen der Ohrgehänge rekonstruiert werden, die sich nicht erhalten haben. Meistverbreitet waren Ohrgehänge von strahlartiger Form, sowie solche, die auf einem runden Reifen eine oder zwei, oder auch mehrere Beeren trugen, mit feinem Filigrandraht geschmückt, derart gewunden, dass verschiedene dekorative Floralmotive entstehen. Ein silberner Ohrring, rund, mit einer grossen Beere in der Mitte, in Filigran und Granulierung, heute im Budapester Museum (Inv.-Nr: 62. 2027. Abb. 1.), aus dem 14. Jahrhundert, ist eines dieser Exemplare. Ohrringe dieser Art werden allerdings auch nach dem Sturz des serbischen Staates unter die Türkenherrschaft hergestellt, doch unterscheiden sich die späteren von den früheren in der techni94