Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 5. (Budapest, 1977)
SZILÁGYI, András: Zwei Reliefs nach Kompositionen Michelangelos
nographischen Typ, diese eigenartige Komposition zeigt eine bedeutende Abweichung von der religiösen Auffassung in den Frühwerken: ,,the late Pietas are of an abstract symmetry and of an almost geometrical regularity. They are no longer the artistic translation into a plastic group of a concrete and human situation, but religious symbols, diagrams of a doctrine". 1 '' Bei unserm Bronzerelief verdient d'as Thema der Darstellung besondere Aufmerksamkeit. Der traditionellen Ikonographie gemäss erscheint auf den Kusstafeln des Mittelalters am häufigsten eine Szene aus dem Neuen Testament. Diese Darstellungen werden auf den der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der Renaissance und dem Barock entstammenden Kusstafeln durch einige Gnadenbild-Wiedergaben abgelöst. 15 Diese Änderung wird teils durch Ausbreitung der neuen religiösen Anschauung des Spätmittelalters, der „Devotio moderna", erklärbar, die die Ausbildung zahlreicher neuer, mystischer Devotion entspringender, ikonographischer Typen zur Folge hat."' Letztere wurden auf solchen Kunstwerken häufig, bei denen im Verlauf der Rezeption ein Anspruch intimpersönlicher Beziehung hervortrat. Um ihrer ursprünglichen liturgischen Funktion willen gehört die Kusstafel als charakteristisches Werk der Kleinplastik, bzw. der Goldschmiedekunst des Zeitalters zu diesen Kunstwerken. So ist es kein Zufall, sondern von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, besonders bezeichnend, dass die späte Pietà Michelangelos hier auf einer Kusstafel als Darstellung erscheint. Die erwähnte Pietà-Komposition Michelangelos tritt auf zahlreichen Kusstafeln des 16. und 17. Jahrhunderts auf. 17 Diese Werke, so auch das Stück unseres Museums, folgen der Komposition des Marmorreliefs im Vatikan. Je ein Exemplar dieser Tafeln wird im Kunstgewerbemuseum in Berlin (Abb. 12), in der Casa Buonarroti und im Museum of Art in Princeton aufbewahrt 18 (Abb. 13). Unter ihnen verdient das letztgenannte Werk besondere Aufmerksamkeit. Es stimmt in Massen und Format mit unserer Tafel überein. Das Stück in Princeton schreibt Tolnay aufgrund der charakteristisch manieristischen Rahmenformung dem Kreis des Venetianers Jacopo Sansovino zu, und datiert es auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. I!l Das gleiche Datum gilt aufgrund der analogen formalen Gestaltung auch für die Tafel des Museums für Kunstgewerbe in Budapest. 59