Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 5. (Budapest, 1977)
SZILÁGYI, András: Zwei Reliefs nach Kompositionen Michelangelos
des geschnitzten Altarwerkes. Das Werk in Nyitra fügt sich — im Gegensatz zu den bisher angeführten — einem oben bogenförmig abschliessenden Rahmen ein. So stimmt es also nicht nur nach Thema und Art der Komposition, sondern auch der Form nach mit unserm Elfenbeinrelief überein. Diese charakteristische Rahmung erscheint schon gelegentlich auf Tafelbildern der Renaissance und ist auch auf Werken profanen Inhalts nicht unbekannt. Besonders häufig wird sie im 17. Jahrhundert, vor allem bei Altargemälden des Barock. Dies lässt uns vermuten, dass unsere Tafel ursprünglich der Mittelteil eines barocken Hausaltars gewesen ist. Den gegenwärtigen Rahmen erhielt sie gegen Ende des 18. Jahrhunderts (Abb. 6). Das Elfenbeinrelief unseres Museums unterscheidet sich aber wesentlich von den oben angeführten Werken ähnlicher Komposition. Diese stellen alle die Szene ohne landschaftlichen Hintergrund dar. Damit haben sie — wenn auch unbewusst — etwas von der ursprünglichen Komposition Michelangelos bewahrt: war es doch für diese bezeichnend, dass die Gestalten nicht in einem konstruierten oder nur angedeuteten Raum, sondern im Gegenteil, jede räumliche Bestimmung entbehrend, erscheinen. Bei unserer Tafel fällt auf, dass der Landschaftshintergrund die figürliche Komposition nur recht unorganisch ergänzt. Die als Andeutung des Hintergrundes dienenden Motive — rechts die Bauten in Jerusalem, oben einige Wolken — sind für den Bildaufbau nur belanglose, rein dekorative Elemente (Abb. 7). Landschaftshintergründe dieser Art sind auf den zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert entstandenen Elfenbeinreliefs nicht selten. Besonders beliebt sind sie auf Werken süddeutscher und österreichischer Meister aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Unter den Elfenbeinbildhaüern dieser Zeit müssen wir auf Christoph Joseph Itelsperger hinweisen. Diesem Meister schreibt man ein kleines Elfenbeinrelief zu, das zurzeit das Bayerische Nationalmuseum bewahrt. Dieses Werk, das die Kreuzabnahme darstellt, lässt sich als späte Kopie der Daniele da Volterra zugeschriebenen Komposition erkennen 10 Es ist anzunehmen, dass Itelsperger gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch mehrere änliche Stücke verfertigte, aller Wahrscheinlichkeit nach bewahrt unser Museum eins von diesen Exemplaren. Seit 1894 ist eine Kusstafel aus vergoldeter Bronze im Besitz unseres Museums; sie wurde bisher in der Fachliteratur noch nicht erörtert 11 (Abb. 11). Das gegossene Relief in zierlichem Rahmen stellt den toten Christus mit Maria und zwei Engeln dar. Diese Darstellung folgt getreu einem bekannten Spätwerk Michelangelos, einer seiner letzten Kompositionen der Pietà (Abb. 8). Diese Komposition hat der Meister in zwei Zeichnungen und in einem Marmorrelief im Vatikanischen Museum festgehalten 12 (Abb. 9, 10). Michelangelo verwandte hier eine von seinem Frühwerk, der Pietà in der Peterskirche, völlig abweichende Kompositionsform. Dort ruhte der Leichnam des Herrn im Schoss der Gottesmutter, auf ihre Gestalt fiel der Akzent der Gruppe; hier hingegen hat der Meister, wie Tolnay sagt, „das Thema der Pietà in die traditionelle Darstellung der Dreifaltigkeit umgeschmolzen''. 1:! An die Stelle der Christus umfangenden Gestalt Gottvaters tritt die der verzweifelt die Arme (in Orantenhaltung) ausbreitenden Gottesmutter. Diese Abweichung vom üblichen iko52