Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 4. (Budapest, 1976)
GOMBOS, Károly: Turkmenische „Engsi"-Teppiche
Auf den Boden der Jurte breiteten die Turkmenen zuerst die rauheren, dann die bunten, mit Applikation versehenen nieder, auf diese kamen ihre wertvollsten geknüpften Teppiche. An das Holzgitter dem Eingang der Jurte gegenüber, hängten sie ihre bunten und prachtvoll gemusterten Zelttaschen, gewöhnlich zwei grössere — „Tschowal" — und zwei kleinere — „Torba". Von aussen wurde die Jurte mit einem 25 — 35 cm breiten gemusterten, gewebten Zelt schmuck band — „Jolami" — versehen, das eigentlich das Zelt befestigte. Verziert war auch der Doppelvorhang in U-form — „Kapunak" — , der auf den äusseren Rahmen der Jurtetür befestigt werden konnte, und für die Jurtetür wendeten sie sehr schöne, geknüpfte Teppiche — „Engsi" — an. Diese Ausstattungsgegenstände fügten sich in ihren Massen, Formen, Funktionen und künstlerischen Ausführungen völlig an die Jurte. 6 Der Engsi ist also Türvorhang der Jurte. Die Usbeken, Kirgisen, Kasachen, Kara-Kalpaken und andere mittelasiatische Völker verwenden als Tür Filzteppiche, solche auch mit Applikationen, Gewebe, Schilf latte, seltener Türen aus Holz. Zu diesem Zwecke gebrauchten nur die Turkmenen geknüpfte Teppiche. Die Form und die Massen der Engsi sind mit der Grösse der Jurte in Einklang, mit 100— 140 cm Breite und 150—170, manchmal auch 180 cm Länge. Auch unsere Exemplare haben die gleichen Massen. Schürmann ist auch der Meinung, dass diese Teppiche Jurtetüren seien, doch fügt er hinzu, dass diese eventuell auch als Gebetsteppiche dienten. Darum argumentiert er so, denn er hält die Engsi zu klein für die Jurte-Türrahmen. Die Höhe der Türen erreicht 160 cm und so bedeckt der Engsi nicht ganz den Eingang." Manche Forscher, die sich mit Teppichen beschäftigen, meinen — falsch — , dass der Engsi Gebetsteppich sei, und nach ihrer Meinung wurden auch diese Tepjjiehe auf den Boden gebreitet. 8 Sie liessen völlig unbeachtet, dass auf die nach Europa gekommenen Engsi noch die — auf den zwei oberen Ecken befestigt — geflochtene Wollschlinge auffindbar war, womit diese Teppiche an den Rahmen der Jurtetür angebunden wurden. 9 Der turkmenische Name Engsi kommt auch in der Form Ensi vor. In Zusammenhang des Wortes verbreitete sich Bogolubows Erklärung, des ehemaligen Zarengenerals, Kommandant der Länder jenseits des Kaspischen Meeres, der zuerst Versuche über Klassifikation der turkmenischen Teppiche machte. In seinem Buch — erschienen in St. Petersburg im Jahre 1908 — beschreibt er eine alte Sage, wonach der legendäre Fürst Eneksa sein Volk unter tausend Fahrnissen in das heutige Turkmenien führte. Nach Bogolubows Auffassung bekam also der Engsi von diesen berühmten Helden den Namen; es kommen auch die Benennungen : Enessi, Enessy vor. Dies ist zwar nur eine eigenmächtige Behauptung, doch zeugen diese volkstümlichen Überlieferungen jedenfalls von der Antiquität dieser Teppichart. 10 Im oberen Teil des Mittelfeldes der Engsi sind die Mihrab-Motive oft sichtbar, ferner verursachte die kreuzähnliche Komposition jene Auffassung, dass diese als Gebetsteppiche vermutet werden sollen. Im Kreise der europäischen Öffentlichkeit sind in erster Reihe solche Orientteppiche bekannt, die zur religiösen Bestimmung dienen, auf welchen die Mohammedaner ihre tägliche fünf Gebete verrichtet hatten. Die Form der Gebetsteppiche ist im allgemeinen rechteckig und im Mittelfeld sehen wir den Innenraum der Mosches und den Mihrab, d. h. die Gebetsnische. Die sich zur vorislamischen älteren Lebensform gebundenen Turkmenen legten keinen grossen Wert auf die Religion, daher kommt es, dass sie — die im Bucharaer Khanat lebenden Ersari-Turkmenen aus92