Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 2. (Budapest, 1974)
Le Musée des Arts Décoratifs en 1972
eines Museums zu bleiben, nicht lediglich die Frage, ob eine keramische Plastik, eine dekorative Form aus Metall oder Stein usw. als bildende Kunst oder Kunstgewerbe angesprochen werden soll. Auf jeden Fall muss aber mit der Ausdehnung des Sachbereiches und einigermassen auch des Begriffsbereiches des Kunstgewerbes innerhalb des locker aufgefassten Bereiches der bildenden Kunst gerechnet werden. Für das Museum ergibt sich die Frage, in welchem Tempo und in welchem Masse es mit der zeitgenössischen Objektkultur Schritt halten, diese sammeln und dokumentieren kann? Der Anspruch scheint als natürlich, und mehrere ausländische Museen von ähnlichen Profil beweisen es, dass das Streben nach Vollständigkeit beim Sammeln der gegenständlichen Kultur der Epochen, die das Museum inbezug auf frühere Epochen an den Tag legt, vor der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit nicht halt machen kann. Und hier ergibt sich die Notwendigkeit einer theoretischen Fundierung des Programms, die die Grenzen und das Ausmass der Sammeltätigkeit klären sollte. Dazu sind aber unmittelbarere gattungsgeschichtliche Untersuchungen unentbehrlich, wobei man nicht nur die Wandlungen infolge der Massenproduktion, sondern, zum Teil damit im Zusammenhang, die immer vielseitigere Verbreitung und Entwicklung der Ornamentik, die Zusammenhänge der Ornamentik und Objektkultur mit der architektonischen Umgebung usw. nicht ausser acht lassen kann. Weiterhin muss in Betracht gezogen werden, was für Erforschen und Darbieten der gegenständlichen Kultur früherer Epochen ebenfalls gilt, doch heute einen intensiveren und unumgänglicheren Faktor abgibt. Von grösster Wichtigkeit ist die praktisch-f unktionelle und ästhetische Wechselwirkung der Gegenstände unterschiedlicher Gattung festzustellen und zu dokumentieren. Wir können uns eigentlich auch über die gegenständliche Kultur einer früheren Zeit keinen Begriff machen, wenn wir nur den einen oder anderen Kunstzweig im Auge behalten, für heute gilt das in noch gesteigerterem Masse. Denn heute ist die kollektive Planung der Umgebungen eine Selbstverständlichkeit, die teils grossindustrielle Ausführung der Projekte, das bewusste Streben nach einer harmonischen Gestaltung der äusseren und inneren Räume der Architektur für Schöpfer und Gebraucher gleichermassen, und das gilt nicht nur für die industriell hergestellten, sondern auch für die individuell entworfenen und ausgeführten Kunstwerke. Das bringt uns zu einer weiteren Frage des planmässigen Sammeins, nämlich wieweit es nötig und möglich ist, das gegenständliche Material durch gleichzeitliches Sammeln der Dokumente (Entwürfe, Fotos, Maketten usw.) zu ergänzen. Denn mit dem Sammeln des gegenständlichen Materials kann man die heutige Umgebung nur zum Teil dokumentieren, ausserdem aber wäre ein umfassendes Sammeln der Objekte selbst bei unbeschränkten Mitteln für jedes Museum auf längere Sicht wegen Raummangels unlösbar. Es besteht also die Aufgabe, die bei weitem nicht nur das Kunstgewerbe betrifft, sondern das ganze Wissenschaftsgebiet, die Rahmen des möglichen und logischen Sammeins abzustecken, und zwar unter Berücksichtigung der Eigenheiten der Umweltästhetik sowie der Forschungsergebnisse der neuesten gattungsgeschichtlichen Wandlungen. Und das kann man sich nur auf der Basis von auf die Gesamtheit der bildenden Künste bezogenen gattungsgeschichtlichen Forschungen vorstellen. Es muss ja nicht nur mit dem Wiedererwachen von Gattungen und mit funktionell neu216