Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 2. (Budapest, 1974)

Le Musée des Arts Décoratifs en 1972

der Motor tot. Der Vergleich mag vielleicht forciert erscheinen, ist aber doch charakte­ristisch, denn uns interessiert das mensch­liche Leben in seiner Vollständigkeit, in der Gesamtheit der ineinandergreifenden, einander beeinflussenden Lebensfunktionen vom biologischen bis zum psychologischen Sein und bis zur höchsten Ebene der Be­wusstseinsfunktion, der Logik, des Ge­fühlslebens, des ästhetischen und ethischen Begreifens. Aus diesem Grunde kümmern wir uns und kümmern sich die Lenker un­serer Gesellschaft um die Sache der Kunst, haben wir unsere Museen, veranstalten Ausstellungen, fördern die Musik und die Literatur und bemühen uns darum, dass alldas von den breiten Volksschichten ver­standen wird, denn so bilden wir den Men­schen der Zukunft. Als letztes, doch kräftig unterstrichen führe ich unser Bestreben an, dem Ästhetischen nicht nur an den Festta­gen, sondern auch im täglichen Leben zu begegnen, dem Ästhetischen als Ausfluss einer Erziehung auf hohem künstlerischem Niveau. Und alldas möchten wir so errei­chen, dass die nach unserem Bild geformte, werkliche und sachliche Umgebung die soziale Wirklichkeit widerspiegelt, in der wir leben. Dass die uns umgebene, mitein­ander und mit uns in Beziehung stehende Assoziation der Gegenstände ihren wahren Inhalt intensiv, total — künstlerisch also — ausdrückt, unsere menschliche, soziale Wirklichkeit offenbart, unser ganzes Leben mit unseren Ideen und Idealen. Warum habe ich meine Gedanken auf ein scheinbar ferneres Feld gelenkt, auf die ästhetischen Probleme des Alltags, der Wohnung, des Arbeitsplatzes, der Strasse und zahlreicher anderer Schauplätze un­seres Lebens? Das gerade möchte ich nun durch eine Gedankenreihe besser beleuch­ten, um die hervorragende Bedeutung, die in unserer Zeit dem Kunstgewerbemuseum zukommt, ins Scheinwerferlicht zu stellen. Wenn man von den Einzelerscheinun­gen auf die Zusammenhänge übergeht, etwa so wie man vom Einzelmenschen zum Men­schen in der Gesellschaft kommt, begreift man, wie wichtig es ist, die die Umwelt des Menschen bestimmenden Faktoren zu gestalten. Man braucht ja nur einen Ge­brauchsgegenstand herauszugreifen aus der künstlichen Umwelt, und schon findet man sich der Problematik der Einwirkung auf das Bewusstsein, der Verhaltengestaltung gegenübergestellt. Wir werten die Ge­brauchsgegenstände — mag es sich um einen Gebrauch im eigentlichen Sinn des Wortes oder um einen Gebrauch auf höhe­rem gedanklichem Niveau handeln •— stets nach ihrer Funktion, im Lauf des Ge­brauchs, und so erwerben wir auch die tieferen ästhetischen Erlebnisse. Ich will ein ganz einfaches Beispiel nehmen: ein gut geformtes Arbeitsgerät wird zum Freund des Arbeiters, gleichsam ein lieber guter Arbeitskamerad. Ist es ein verfehltes Gerät, beschimpft der Arbeiter seinen Her­steller und auch die Gesallschaft, die ihm so ein Ding in die Hand gab. So kann der einfachste Gegenstand neben der ästheti­schen — richtiger: davon unzertrennlich — eine ethische Bedeutung haben. Dabei dür­fen wir nicht vergessen, dass die positiven oder eben die negativen Momente sich je nach der Zahl und dem Volumen der Gegenstände sowie nach der Zeitdauer ihres Gebrauchs vervielfältigten. Doch von dem einfachen Arbeitsgerät bis zur Kunst­gegenstand, von den sich unseren Gebärden und unserem Körper anschmiegenden Klei­dern bis zur grossen Umwelt, der humani­sierten Landschaft, verbindet ein kompli­ziertes Geflecht der Lebensfunktionen die Elemente zu immer grösseren Einheiten. Noch sind wir dem idealen Modell fern, doch es schwebt uns vor als Ziel, ohne das wir keinen Schritt vorwärts machen und die Hindernisse nicht von Stufe zu Stufe 196

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