Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 1. (Budapest, 1973)

RUZSA, György: Zur Kunst der ungarischen Wandteppiche im 20. Jahrhundert

er sich hinsichtlich der Qualität auf einem wesentlich niedrigeren Niveau. Im weiteren seien bei den sezessionistischen Werken jene drei Werke erwähnt, die ebenfalls um 1920 in Gö­döllő entstanden sind und eine verschneite Landschaft darstellen. Diese kleinen, gewebten Landschaftsbilder, deren Komposition mit einfachen Mitteln geschaffen wurde, nutzten in der Gestaltung grosse Flächen aus. Die Arbeiten zeigen die Merkmale der späten Sezes­sion. 21 Freilich ist es schwierig, auf Grund der wenigen bekanntgemachten Werke die ungarische Sezession — genauer gesagt einen bedeutenden Zweig der ungarischen Sezession — die Ergebnisse der Gödöllöer Künstler zu beurteilen. Doch vermögen vielleicht auch diese wenigen Beispiel zu verdeutlichen, dass hier nicht seltenniveauvolle Werke entstanden, in denen die Formenwelt der ungarischen und siebenbürgisch-széklerischen Volkskunst ein­fallsreich und in vielerlei Gestalt verarbeitet wurde. All das wird — wie es sich in ihren Werken widerspiegelt — im Interesse der Besserung der Menschen mit einem gewissen mystischen, religiösen, leidenschaftlichen und prophetischen Glauben organisch miteinan­der verflochten. Die künstlerischen und gesellschaftlichen Anschauungen Ruskins werden von den Gödöllőern übernommen. Diese Entwicklung hatte mitunter etwas Ungeschicktes und Überschwengliches an sich, doch verdient sie sowohl wegen der künstlerischen, als auch wegen der menschlichen Suche nach einem adäquaten Ausdruck beachtet zu werden. Ihre Tätigkeit in der ungarischen Kunstgeschichte nicht zu berücksichtigen, sie nur an­deutungsweise zu erwähnen oder sie gar zu verurteilen, wäre unbedingt fehl am Platze. Wir können uns mit dem inzwischen zu klassischer Grösse herangereiften Repräsentanten der ungarischen Kunstgeschichte István Genthon, der beinahe sämtliche künstlerischen Ar­beiten an der französischen Kunst — besser gesagt an deren Spezifika — gemessen hat, nicht einverstanden erklären. So blieb ihm das in der Tat nicht selten kapriziöse und extre­me künstlerische Gebilde — die Gödöllöer Künstlerkolonie — das aus ganz anderen Initia­tiven hervorging, völlig fremd. Und wenn wir berücksichtigen, dass die führenden Künstler der Kolonie — Aladár Körösföi-Kriesch und Sándor Nagy — sich auch in der monumen­talen Kunstgattung, der Freskomalerei, versuchten, so nimmt die Bedeutung des Gödöllöer Schaffens noch zu. Hier wurden nämlich im allgemeinen die gegebenen Möglichkeiten der Kunstgattung gut ausgenutzt. Gerade durch ihre Wandteppicharbeiten rührten sie an den Problemen dieser monumentalen Kunstgattung. Die ungarische Kunst in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ist im allgemeinen nicht zufriedenstellend aufgearbeitet. Und in diesem Rahmen hat sich die Kunstgeschichte zu einem grossen Teil mit der ungarischen Textilkunst dieses Zeitraums überhaupt noch nicht befasst. So ist beispielsweise das Schaffen von Elek Falus und dem zu ihm gehörenden Kreis noch nicht erschlossen. Falus entfaltete ein breites kunstgewerbliches Schaffen. Zwischen den beiden Weltkriegen galt er, neben Lajos Kozma, als der beliebteste Innen­architekt des ungarischen Grossbürgertums. Er leitete in Kecskemét eine grosse Teppich­weberei, aus der wir allerdings vorläufig keine bedeutenderen Arbeiten vorweisen kön­nen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Werkstatt ist eine Aufgabe der künftigen Forschung. Das Lebenswerk der 1958 verstorbenen Künstlerin Noémi Ferenczy, die auch in internatio­naler Relation als eine der grössten Persönlichkeiten der ungarischen Kunst des Wand­teppichs im 20. Jahrhundert betrachtet werden kann, ist kunsthistorisch erschlossen. 22 An dieser Stelle wollen wir kurz auf das Schaffen der Künstlerin eingehen, obwohl von den

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