Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 1. (Budapest, 1973)

BOBROVSZKY, Ida: Die Maria Theresia-Gedenkschüssel aus Herend

Kulturpolitik ausgehoben. Die zwei dankbaren Themenkreise waren damals der Maria Theresia-Kult und die Befreiungskriege gegen die Türken. Diese waren dazu geeignet, dass sie auf den mehreren Plattformen verfliessende Habsburgisch-österreichische geistige Inva­sion im oppositionellen Ungarland zum Siege helfen könnten. Die Maria Theresia-Darstellungen in unserer Kunst des 19. Jahrhunderts tauchen seit den 1850-er Jahren auf, und sie erreichen ihre grosszügigsten Entwürfe am Ende des Jahr­hunderts. In der Reihe dieser Kunstwerke ist das Kupferrelief des József Szentpéteri (1852), das Maria Theresia am Pressburger Reichstag des Jahres 1741 darstellt. Es ist bemerkens­wert, dass dies mit der Abbildung unserer Schüssel ganz gleich ist. Aus Szentpéteris Selbstbiographie können wir erfahren, dass die Vorbilder seines Reliefs und seiner weite­ren im Jahre 1853 verfertigte Arbeit (die Einnahme der Festung Buda im Jahre 1686) zwei, zur gleicher Zeit erschienene Lithographien waren." Sándor Mihalik bezeichnete die durch Szentpéteri erwähnten und verwendeten Vorbilder waren diese Lithographien, die nach den Gemälden des Wiener Historienmaler Josef Hassl­wander (1812—1878) von V. H. Norden lithographiert wurden. 10 Auf dem Kunstblatt fin­den wir die ungarische und deutsche Inschrift: „Mária Terézia és a' magyarok az ország­gyűlésre 1741 •— Maria Theresia und die Ungarn auf dem Reichstage 1741". 11 Also auch Fischers Volbild war diese Lithographie für die Maria Theresia-Schüssel (Abb. 2). Ebenso charakterisiert die Arbeit Szentpéteris, wie auch Fischers das sorgfältige Kopieren und die unbedingte Anpassung zum mittelmässigen Vorbild. Die geringen Abweichungen, wie z.B. bei Fischer die Ausmalung der Interieurwände, folgern aus Eigenart des Materials. Die für den Zweck der Demonstration hervorragend entsprechende Schüsselform konnte wegen ihrer riesigen Dimensionen den Verfertigern viele Schwierigkeiten machen. Es ist offenbar, dass die technischen Probleme in Herend leichter gelöst wurden als die ästheti­schen, darauf weisen die künstlerischen Mangelhaftigkeiten der Prunkschüssel hin. Die Verzierungen der Schüssel sind keinesfalls harmonisch; ihre Form ist zwar einfach, aber die im Becken gemalte, sorgfältig detaillierte, minuziös befassende akademische Komposi­tion passt überhaupt nicht zu dem geschlingelten Ausschnitt, und dieser zum bemusterten Grund der Schüssel. Mit schöner und sorgfältiger Arbeit wurde aber der emaillierte, mit chinesischen Blumenverzierungen versehene und mit durchbrochenen Streifen bereicherte Rand verfertigt, dieser ist jedoch mit der Hauptszene ebenfalls disharmonisch. Die Schüs­sel bietet, ausser ihrer geblümten Randverzierung, keine beruhigende Lösung in der Fär­bung dar. Unsere Schüssel ist eigentlich ein eklektisches Kunstwerk, dessen Wert dürfen wir keines­wegs durch seinen ästhetischen Eigenschaften, sondern durch seine in der geschichtlichen Situation erfüllten Rolle und Bedeutung betrachten. Für Fischer brachte die Londoner Weltausstellung von 1862 neue Erfolge, darüber schrieb das Wochenblatt „Vasárnapi Újság" folgendes: „Auf den vorjährigen Londoner Industrie­ausstellung erlebten seine chinesischen Prunkgefässe lebhafteste Aufmerksamkeit, darun­ter eine riesige Schüssel, deren Durchmesser 3 Fuss Länge erreicht und hinsichtlich ihrer Grösse ist diese die umfangreicheste in der Welt. Aber nicht nur betreffs ihrer Grösse, son­dern auch ihrer Vollendung nach gibt es nicht ihresgleichen. Der innere Spiegel der Schüs­sel stellt jene Szene dar, wie die Königin Maria Theresia im Jahre 1741 auf dem Press­burger Reichstag ihren Sohn den begeisterten Standen vorstellt. Die Verfertigung dieses 147

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