Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 7. (Budapest, 1982)

DÁVID, Katalin: Rekonstruktion des Elfenbeindiptychons von Győr/Raab

in den 40er, 50er Jahren dieses Jahrhun­derts hergestellt worden sein. Diese nähere Datierung wird durch die Anwendung der dekorativen Elemente der Komposition für wahrscheinlich gemacht. Die Klassifizie­rung der Elfenbeintafeln durch diese De­korationselemente ist eine mehrjahrzehn­telang angewandte Praxis der Aufarbei­tung, 4 doch meiner Beobachtungen nach — weit über die Klassifikationsmöglichkei­ten hinaus — können sie auch zur genaue­ren Datierung beihelfen. Dementsprechend sind jene Tafeln, auf welchen man als De­korationselemente bloss Rosetten verwen­det hatte, frühre Tafeln als diese, auf wel­chen man mit winzigen architektonischen Elementen umgerahmt hatte. Es gibt meh­rere Analogien für uns um solche Schluss­folgerungen zu ziehen. 5 Die architektonische Umrahmung in den 60er Jahren des 14. Jahrhunderts wird zu einer allgemein geübter Manier, da in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die Ro­settendekoration häufiger ist. Überdies aber die sonstigen Einzelheiten auf der Győrer Tafel — so die Bekleidung der im Stadttor stehenden und betenden Figur, 6 die Formierung der Kronen, des Weih­rauchkessels und der Musikinstrumen­te —, all diese sind für die Epoche charak­teristisch. Auf diese Weise repräsentiert die Tafel eine Epoche in der Geschichte der europä­ischen Elfenbeinschnitzerei, als diese Kunst­art im Geiste der Gotik zur Wiedergeburt gelangt war, und sie bekam solchen son­derbaren Charakter — in erster Reihe in der französischen Kunst — der durch Ge­nerationen dominante Rolle in den in Frankreich hergestellten Werken gespielt hatte. Demzufolge repräsentiert die Győrer Elfenbeintafel hinsichtlich ihrer Zeit und ihres Stils eine der Hauptlinien der Ge­schichte dieser Kunstart. Das Ziel meines Studiums ist die iko­nographische Untersuchung der Tafel. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtend können wir nicht nur mit einem neuen Denkmal das Material der Epoche berei­chern, sondern auch mit einer solchen Darstellung, die für das Thema eine sel­tene, sich in kaum einigen Schaffungen er­haltene Lösung gibt. Dieses Thema selbst beherrscht die sakrale Kunst der Epoche, jasogar häufig erscheint innerhalb dieses Themas auch das ikonographische Pro­gramm, dem der Meister der Győrer Tafel folgt, doch was er aus diesem Thema kom­poniert hatte, reiht die Tafel in die ausser­gewöhnlichen Schaffungen ein. Bevor ich ausführlicher auf die Unter­suchung der Elfenbeintafel komme, möchte ich kurz die Aufmerksamkeit auf einige Seltenheiten des Marienkults der Epoche lenken, da dies so eine Epoche war — das 13—14. Jahrhundert —, wo die Blütezeit der Verehrung eindeutig bewiesen wurde. Was aber aus diesem Gesichtspunkt äus­serts wesentlich ist, das ist die Selbständig­keit des zum westlichen Kulturkreis ge­hörenden Marienkults, der doch bisher mit kleineren-grösseren Abänderungen als orientalisch veranlasst wurde. Ich möchte gar nur darauf hinweisen, dass alle we­sentlichen Marienfeier sich bis in das 13. Jahrhundert von orientalischer Herkunft bezeigten -— im 7. Jh: Geburt Maria, die Verkündigung, Tod und Himmelfahrt Maria; im 12. Jh: die unbefleckte Em­pfängnis; im 13. Jh: die Vorführung Maria — während vom 13. Jahrhundert an auch das Abendland Marienfeste ins Leben ge­rufen hatte. Im 13. Jh die Heimsuchung, im 14. Jh die Jungfrau von Karmelberg, im 15. Jh Mariens Name, die Sieben Schmer­zen Maria; sind die Feste, die als Beweis für die autonome Gestaltung des abend­ländischen Kults dienen. 7 An erster Stelle waren die drei gröss­ten Bettlerorden — Franziskaner, Domi-

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