Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LEHNER, Georg: Chinesisch für den auswärtigen Dienst: Zwei Dolmetsch-Eleven an der k. u. k. Gesandtschaft in Beijing in den Jahren 1897 bis 1900

CHINESISCH FÜR DEN AUSWÄRTIGEN DIENST: Zwei Dolmetsch-Eleven an der k. u. k. Gesandtschaft in Beijing in den Jahren 1897 bis 1900’ von Georg Lehner Seit der Errichtung einer effektiven diplomatisch-konsularischen Vertretung Österreich-Ungarns in Ostasien stellte die Suche nach für die Verwendung im aus­wärtigen Dienst geeigneten Chinesisch-Dolmetschern ein wichtiges Anliegen dar, das auch in die Berichterstattung des Generalkonsulates Shanghai in periodischen Abständen Eingang gefunden hatte. Schon einige Zeit vor dem Chinesisch- Japanischen Krieg von 1894/95 hatte Joseph Haas in seiner Eigenschaft als Amtslei­ter des k. u. k. Generalkonsulates Shanghai ein detailliertes Anforderungsprofil für mögliche k. u. k. „Dolmetsch-Eleven“ ausgearbeitet. Ende der achtziger Jahre nützte er einen Urlaub, um sich in Wien selbst auf die Suche nach geeigneten Kandidaten zu begeben. Seiner an und für sich erfolgreichen Suche wurde in der Folge jedoch nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt. Erst als Agenor Graf Gotuchowski im Mai 1895 die Leitung des Ministeriums des Äußern übernahm, trachtete man, im Rahmen der längst fälligen Ausgestaltung der k. u. k. Vertretungsbehörden in Ostasien auch dieses Problem einer Lösung zuzufüh­ren. Zudem war auch an der reformierten Konsularakademie ein Chinesisch-Kurs eingerichtet worden, der jedoch erst nach einiger Zeit geeignete Absolventen hervor­bringen konnte* 1. Der vorliegende Aufsatz entstand im Rahmen des vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen For­schung finanzierten Projekts „Dimensionen der Beteiligung Österreich-Ungarns an der internationalen In­tervention zur Unterdrückung der Yihetuan-Bewegung in China 1900/01“ (P-11968-SOZ; Leitung: Univ.-Prof Dr. Wolfdieter Bihl, Institut für Geschichte der Universität Wien). - Die Transkription chine­sischer Begriffe erfolgt nach dem System hanyu pinyin Die chinesischen Bestandteile der in Anmerkung 10 genannten Buchtitel bleiben davon jedoch ausgenommen. 1 Vgl. dazu Lehner, Georg: Beiträge zur Geschichte der k. (u.)k. Konsularvertretungen in China. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Diss. Wien 1995, S. 273-289 (Abschnitt 6.1.3. „Sprachliche Barrieren“), wo das im vorliegenden Zusammenhang am Beispiel der Gesandtschaft in Bei­jing erörterte Dolmetscher-Problem vor dem Hintergrund der an die Konsularvertretungen in China ge­stellten Anforderungen und der von diesen geäußerten Bedürfnisse diskutiert wird. - Joseph Haas, anfäng­lich selbst „Dolmetsch-Eleve“ am k. u. k. Generalkonsulat Shanghai, hatte sich während seines langjähri­gen Aufenthaltes in China umfassende sprachliche und landeskundliche Kenntnisse angeeignet. Seine her­vorragenden Chinesisch-Kenntnisse waren unter anderem auch schon von österreichischen Ostasienreisen­den in den frühen siebziger Jahren vermerkt und anerkannt worden (vgl. dazu Lehner, Georg: Österrei­chische Reisende über die k. u. k. Vertretungen in Singapore, Hongkong, Macau und Shanghai (1871— 1875). In: Scripta Mercaturae 32 (1998), Heft 1 (in Druck). -Zu einer detaillierten Übersicht von Haas’ Karriere im k. u. k. auswärtigen Dienst vgl. Biographisches Lexikon und Deutscher Nekrolog. Hrsg, von Anton Bettelheim. Bd. 3. Berlin 1900, Todtenliste 1896, Sp. 29 f.: „... 1866 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46/1998 107

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