Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel Nachdem Olivares seine Hoffnung, der Kaiser und das Reich würden mit König Philipp IV. ein Bündnis gegen die Vereinigten Niederlande und Frankreich einge- hen, hatte fahren lassen müssen, konzentrierte er sich darauf, bei Ferdinand III. die Erlaubnis zur Werbung von Soldaten auf Reichsboden zu erwirken oder aber gegen Bargeld die Abstellung von Truppen zu erreichen. Der spanische Botschafter, Mar- qués de Castel Rodrigo, erbat deshalb 1642 Fußsoldaten für die Niederlande, Mai­land, Neapel und die spanische Halbinsel. Die Abstellung von altgedienten Infante­risten war für Spanien günstiger als zeitraubende Neuwerbungen. Der Kaiser war aber selbst in großer Bedrängnis. Er machte geltend, daß er in Braunschweig und Schlesien von den Schweden, in Westfalen von den Hessen und am Oberrhein von Frankreich bedroht würde und selbst nicht genug Truppen habe. Tatsächlich hat er am 2. November 1642 bei Leipzig eine schwere Niederlage gegen Torstenson hin­nehmen müssen. Spanien aber erlebte im Mai 1643 bei Rocroi die Katastrophe. Die Verhandlungen über Truppenabstellungen, Musterungen und Geldzahlungen fanden 1641/42 vor allem in Wien über den spanischen Gesandten Castel Rodrigo und in Brüssel zwischen Melho und dem kaiserlichen Hofkriegsrat Graf von Traun statt. Der Gesandte Carretto hatte in Madrid die Aufgabe, Philipp IV. die Situation, in der sich das Reich befand, zu erklären und auf pünktliche Zahlung für die ver­einbarten Leistungen zu drängen. Wie schon in der Vergangenheit, machten die Spanier auch 1642 wieder das schlechtere Geschäft. Ferdinand III. schrieb seinem Botschafter meist in Deutsch oder Latein. Den Briefen lagen oft Kopien oder Zusammenfassungen von Schreiben bei, die der Kaiser von Castel Rodrigo, Melho, Traun und anderen erhalten hatte. Diese Papiere sind meist in Spanisch oder Deutsch abgefaßt. Carretto schrieb in Italienisch und schickte häufig spanische Beilagen mit. Für alle diese Papiere wurden die Schlüssel C, E und F verwendet3. Das System der Codes E und F Die „Ziffern“ E und F ähneln dem bereits vorgestellten Code C sehr: Alle drei ha­ben für jeden zu verschlüsselnden Buchstaben mehrere Zeichen zur Verfügung, und zwar Zahlen und Phantasiezeichen (vgl. Chiffrierlisten)4. Weiterhin weisen alle drei Codes ein gesondertes Silbensystem auf. Es bestehen aber folgende Unterschiede: Bei C gibt es für jeden Klartextbuchstaben zwei bis drei Zeichen, bei E vier und bei F fünf Zeichen, jeweils zuzüglich des Silbensystems. Bei F sind die den Buchstaben des Alphabets zugeordneten Zahlen lückenlos fortlaufend, so daß das 24gliedrige Alphabet viermal, und zwar von den Zahlenreihen 17 bis 40, 41 bis 64, 65 bis 88 und 89 bis 112 dargestellt wird. Dagegen sind die Zahlenreihen bei C und E nicht fortlaufend, weisen jedoch eine gewisse Systematik auf: Bei Code C, der in 3 Die Korrespondenz befindet sich im Haus-, Hof- und Staaatsarchiv [HHStA] Wien, und zwar vorwiegend in: Staatenabteilungen, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, Kartons 24-26, und Kriegsakten, Fasz. 142 und 144. 4 Zum Entschlüsseln braucht man nur die Dechifirierlisten. Es empfiehlt sich aber, auch die Chifirierlisten zu rekonstruieren, weil man damit das jeweilige System besser erkennt (vgl. unten S. 222 und 228). 209

Next

/
Thumbnails
Contents