Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag
BROUCEK, Peter: Über den Schriftennachlaß des Feldmarschalls Franz Conrad von Hötzendorf im Kriegsarchiv
Peter Broucek Auch das vom Oberkommando der Wehrmacht bei dem k.u.k. Generalstabsoffizier Oskar Wolf-Schneider-Arno in Auftrag gegebene großangelegte Werk über den österreichisch-ungarischen Generalstab kam vor und nach 1945 nicht zur Drucklegung. Der Autor war bei der Darstellung etwa beim Ende der Ära Beck-Rzikowsky angelangt, als er sein Werk um 1950 aus Altersgründen abbrach. Den Gedanken, ein solches umfassendes Werk nochmals als eine Gemeinschaftsarbeit mehrerer Historiker, Archivare und (ehemaliger) Generalstabsoffiziere zu verfassen, griff dann nach 1955 die „Militärwissenschaftliche Abteilung“ des neuen Bundesministeiums für Landesverteidigung wieder auf. Sie konnte aber ein solches Projekt ebensowenig verwirklichen wie die Generaldirektoren des Österreichischen Staatsarchivs, die zu sehr ähnlichen Absichten in den Sechzigerjahren ermunterten. An allen diesen Planungen war Kurt Peball beteiligt, aber seine Manuskripte mußten infolge Arbeitsüberlastung fragmentarisch bleiben. Nur ein post mortem gedrucktes Manuskript des letzten „schreibenden“ k.u.k. Generalstabsoffiziers, Rudolf Kiszlings, blieb eine Frucht dieser Bemühungen17) - und die Aktionen zur Gewinnung eines Schriftennachlasses Feldmarschall Conrads. Im Kriegsarchiv selbst hatte nämlich der Direktor Generalmajor i.R. Dr. Oskar Regele eine Initiative zur Schaffung eines „Conrad-Archivs“ ergriffen, in dem die bisherigen Materialien von und über Conrad gesammelt werden und durch Spenden aus Privatbesitz ergänzt werden sollten. Seine Aufrufe dafür waren nicht vergebens und hatten Auswirkungen bis in die Siebziger Jahre, als nach 1974 etwa Conrad-Briefe aus dem Nachlaß des Chefs der Operationsabteilung des Armeeoberkommandos 1912-1917, Josef Metzger18), kopiert und 1975 Korrespondenzen aus dem Nachlaß des Generalstabschefs der Heeresgruppe Conrad, 1917/18, Oberst Erwin Müller19), erworben werden konnten. Regele selbst trat als Schöpfer einer biographischen Trilogie über die Generalstabschefs Radetzky - Benedek und Conrad hervor, unter denen die Conrad-Biographie infolge ihrer apologetischen Tendenz nicht ungeteilte Zustimmung fand, nicht einmal unter Beamten des Staatsarchiv/ Kriegsarchivs. Zu weiteren Forschungen haben sie aber jedenfalls in hohem Maße angeregt. Schon ab den Zwanzigerjahren hatte die zweite Gattin Conrads versucht, die umfangreiche, zum Teil voreheliche Korrespondenz und die 17) Rudolf Kiszling, Die Hohe Führung der Heere Habsburg im Ersten Weltkrieg. Als Manuskript gedruckt Wien o.J. (1977). 18) Kriegsarchiv, Kanzleiregistratur, ZI. 26871/74. 19) Kriegsarchiv, Kanzleiregistratur, ZI. 24377/75. 162