Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 22. 1982-1983 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1985)

Die Anjovinen in Mitteleuropa - Wehli Tünde: Bemerkungen zur Buchmalerei des 14. Jahrhunderts in Ungarn. p. 29–32.

dagegen die das Innere der Buchstaben anfüllende, natür­lichen Formen fremde, auf Wellenlinien gebaute, netzför­mige Verzierung auch Arbeit einer der italienischen Kunst fremden ungarischen Hand sein. Die hervorragendsten Reliquien der Buchmalerei des 14. Jahrhunderts in Ungarn hängen mit dem Hof des Hauses Anjou zusammen. Es scheint, daß die erste, unge­fähr das zweite Viertel des 14. Jahrhunderts ausfüllende Periode der angevinischen Buchkultur unter dem Einfluß des Klerus stand, der mit seiner in Italien erworbenen höheren juristischen Bildung das geistige Leben des Landes und des Hofes bestimmte. Großenteils ist es diesem Umstand zu verdanken, wenn die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstandenen Werke — das Ungarische Anjou Legendárium und die Bibel des Demeter Nekcsei — im Stile mit dem der Kodizes des Vásári verwandt sind und derselben oder einer nahen stehenden Werkstätte oder Sphäre entstammen^ 3 ) Der Typ, die Zusammenstellung der Bilderreihen und die Ikonographie der einzelnen Bilder des Ungarischen Anjou Legendariums werfen auch Probleme auf, die innerhalb der Buchkunst Italiens im Trecento nicht zu erklären sind. Es genügt daran zu denken, daß der Kodex mit seinem großen Bildmaterial im Typ der Legenda Aurea auch in der europäischen Kunst alleinstehend ist. Es ist sicher kein Zufall, daß ein dem Bestreben des ungarischen Hofes ähnliches Unternehmen, die Zusammenstellung einer Legenda Aurea, die auch die nationalen Heiligen aufzählt, gerade im benachbarten Böhmen zustande gekommen ist. Die um 1355, der Meinung einzelner Forscher nach auf Anregung Karls IV. entstandene Variante in tschechischer Sprache wurde durch die Aufnahme von Wenzel, Ludmilla, Adalbert, Prokop, Cyrill und Method zu einem Manus­kript, das geeignet war, der Propaganda für die den Thron innehabende Dynastie und die Heiligen der gerade selbstän­dig gewordenen Nationalkirche zu dienen. Daneben könnte es aber auch anderer Ideen ausgedrückt haben (Machilek 1978, hauptsächlich 97). Die ungarische Handschrift drückte offenbar ähnliche, beziehungsweise den örtlichen Umständen entsprechende Ideen aus. In der Buchkultur, der Bibliothek der beiden mitteleuropäischen Höfe spielte die Legenda Aurea eine gleicherweise wichtige Rolle. Das Zustandekommen des Ungarischen Anjou Legenda­riums kann — meines Erachtens — in erster Linie durch diesen Umstand erklärt werden. Bedeutung verdient der Zyklus Mariens Tod des Selben. Die Gestalt Mariens war um die Mitte der 13. Jahrhunderts (3) Nach dem Abhalten des Vortrages hatte ich Gelegenheit das in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrte Stamm — material des Ungarischen Anjou Legendariums an Ort und Stelle zu besichtigen. Unsere lokalen stilistischen Beobachtungen stimmten nicht in allen Fällen mit unseren auf Grund der Reproduktionen gemachten Bemerkungen überein, so daß wir das Verhältnis der vier fraglichen Kodexes untereinander und zu den italienischen Stilzentren und Meistern in einem anderen Lichte sehen. Um sich über diese Fragen territorisch zu äußern, wird es weiterer Studien bedürfen. (4) Die in vorhergehender Textzeile erwähnte, vom Blick­punkt des Themas Tod Mariae grundlegende Studie von Gy. Török setzt einen engeren ideellen und formellen Zusammenhang zwischen dem Budaer Tympanon und der böhmischen Buchmalerei voraus, als wir es tun. und besonders um 1300 herum ein Teil der höfischen Kultur. Während in den Ländern Westeuropas dieser Kult sich in die Richtung der höfisch — ritterlichen Epik verschob und weltlichen Charakter annahm, blühte er in Mittel — und Osteuropa unter dem Einflüsse des das geistige Leben beherrschenden Klerus in religiös-mystischem Geiste. Den Marienkult pflegten im Böhmen nachweisbar die über die höfische Kultur einflüssende Rolle spielende Augustiner. Ihre Aufmerksamkeit richteten sie in erster Linie auf den Tod Mariens. Dieses Thema behandeln außer dem Laus Mariale (Prag, Knihovna Národniho musea, XVI, D 13 — sog. Mariale Arnesti) des Konrad von Haimburg ein charakteristischer ikonographischer Typus, das letzte Gebet Mariae (Török 1973, 151—205). Es kann angenom­men werden, daß im Kreise des Marienkults auch im ungarischen geistigen Leben die literarische Interpretation des Todesthema Mariens zum Vorschein gekommen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Darstellung des Todes Mariae im südwestlichen Tore der Marienkirche in der Burg von Buda Zeuge einer einstigen augustinischen Arbeit ist.( 4 ) Auf eine ähnliche, lokale literarische Arbeit mag sich der umfangreiche Todeszyklus Mariae des Legendariums gestützt haben. Vielleicht ist es kein Zufall, wenn ein charakteristisches Bild, Maria empfängt vom Engel einen Palmenzweig, gerade am Wandbild von Már­tonhely des die Ansprüche von dem Hofe nahe stehenden Bestellern befriedigenden Johannes Aquila auf scheint. ( 5 ) Mangels entsprechender Denkmale und Forschungen besitzen wir keine sichere Kenntnis davon, welche Kodizes unbedingtes Zugehör der mittel- und osteuropäischen höfischen Bibliotheken waren. Aufgrund des Inhaltes und der vorausgesetzten Funktion können wir aber nicht fehl­gehen, wenn wir die Legenda Aurea diesen zuzählen. In diesen Bibliotheken dürften verschiedene wissenschaft­liche und literarische Arbeiten ihren Platz gefunden haben. Spuren einer oder der anderen können in den Bibliotheken Karls IV. oder seiner Umgebung noch gefunden werden (Machilek 1978, 57—101; Stejskal 1978, 535—562). Von diesem Gesichtspunkt kann die Bibliothek der ungarischen Anjous nicht rekonstruiert werden. Bibeln waren aber Schätze jeder königlichen Bibliothek.( 6 ) Dieses Manuskript konnte auch im Budaer Palaste der Anjou nicht fehlen. Von seinem Typ kann man sich vielleicht mit Hilfe der Bibel des Schatzmeisters Demeter Nekcsei ein Bild machen.( 7 ) In den an den Höfen der Herrscher des 14. Jahrhunderts bestehenden Bibliotheken dürften sich auch geschichtliche Werke befanden haben. Unter diesen, von den örtlichen (5) Die erwähnte Studie von Gy. Török betont die italie­nischen kompositionellen Vorgänger der Bilderreihe Tod Mariae des Ungarischen Anjou Legendariums. (6) Die zum Illustrieren ausgewählten Bücher der Bibel bilden vom Standpunkt der Formung der Bilder und Initialen, sowie in Anbetracht der Funktion verschiedene Gruppen. Deren vergleichende Untersuchung bleibt eine Aufgabe künftiger Forschungen. (7) In Themenwahl und Kompositionsweise steht vielleicht die Nekcsei Bibel den Bibeln von Bologna am nächsten. Auch die gründliche Monographie von Frau Meta Harr­sen, 1949, widment diesem Problem keine besondere Beachtung. 30

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