Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 17. 1976 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1978)

Forschungsfragen der Steinskulptur der Arpadenzeit in Ungarn - Schubert, E.: Die Datierung der frühgotischen Bauornamentik in naumburger Westchor. p. 169–172.

einander sehr ähnlich, sind aber doch alle verschie­den: individuelle Bildungen „vom gleichen Stamme", und jedes Detail zeigt die Kraft der Pflanze in ihrer besten Zeit. Der Schlußstein im Polygon des West­chors besitzt die für die frühgotischen Naumburger Skulpturen charakteristische Wirklichkeitsnähe. Aber auch das Prinzip von Symmetrie und Ordnung, die klare Komposition und die ruhige Ausgewogenheit dieser Bauplastik sind unverkennbar. Wachsen und Gedeihen scheinen hier vereinbar zu sein mit dem Zwang zu geordnetem Nebeneinander der einzelnen Teile. Es herrscht eine strenge, aber nicht gewaltsame Regie. Nichts scheint wider die Natur zu sein, und doch ist alles überlegt zusammengesetzt, ausgerichtet und geformt. Diese Ornamentik beeindruckt in glei­cher Weise durch edle Bildung, disziplinierte Leben­digkeit und klassische Ruhe. II. Wenden wir uns dem mittleren der drei Chor­Gewölbe-Schlußsteine der Klosterkirche in Schul­pforta zu! Hier wachsen aus einem kreisförmig gebo­genen Aste nach innen vier, nach außen acht Blätter von Maßholder. Dazwischen sind Stengel mit Beeren ausgelegt. Die Blätter sehen alle gleich aus. Die Komposition ist im ganzen lockerer und übersicht­licher als bei dem Westchor-Schlußstein. Die Regel­mäßigkeit wird noch betont durch die je drei Beeren, von denen stets in gleicher Weise zwei am Rand, eine auf dem Rand angebracht sind. Allenthalben spürt man mehr die ordnende Hand des Bildhauers als den Wuchs der Natur. Bei der Betrachtung des gezeigten Naumburger Schlußsteins ist man versucht, an die Weinreife im Sommer zu denken. Ein Blick auf den Pförtner läßt dem Betrachter Worte wie Ornament, stilisiertes Blattwerk mit Früchten, über­legte Zier einfallen. Und doch scheint die Zusammen­setzung des Schlußsteindekors beide Male ganz ähn­lich zu sein, so ähnlich, daß man mit der Möglichkeit direkter Abhängigkeit rechnen möchte. In beiden Fällen berühren sich die Spitzen der vier inneren Blätter, so daß diese eine Art Kreuz formen. In bei­den Fällen umringt dieses innere Kreuz ein Kranz aus Blättern im Wechsel mit Früchten. Die Unterschiede liegen im Deatil? — Der Pfört­ner Schlußstein erinnert an einen Teller, auf dem künstliche Blätter und Früchte liegen. Sie wurden gleichmäßig auf der Fläche verteilt und besitzen keine Spannkraft. Die Stiele, Blätter und Äste haben keine Individualität. Das knorrige, elastische, feste Leben der Naumburger Weihnäste, die feine Schwingung der Blatt- und Traubenstiele ist erweicht worden und vereinfacht. Wie aus Teig geformt sieht das „Trag­werk" der Blätter und Früchte bei dem Schlußstein der Klosterkirche aus. Immer in gleicher Weise setzt es am Zweig, an den Blättern und Früchten an. Lebendigkeit war hier nicht gefragt. Tatsächlich hat man es in Schulpforta um die Mitte des 13. Jahr­hunderts mit einer andern, etwas jüngeren Stilphase zu tun als in Naumburg. Die Zisterzienserchor wurde 1251 mit der Grund­steinlegung begonnen und 1268 geweiht( 5 ). Parallel zu den Arbeiten am Chor wurde das Querhaus und das Langhaus aus dem zweiten Viertel des 12. Jahr­hunderts erweitert und „modernisiert". — Daß der Pförtner Bau in andern Traditionen steht als der Naumburger, muß man voraussetzen: Die Pförtner Bauherrn fühlten sich natürlich in erster Linie ihrem Orden verpflichtet, und dieser Hochchor ist auch in Vielem Zisterziensis ordinis ; den Naumburger West­chor Hessen ein Wettiner Bischof und sein Kapi­tel, vielleicht unter Mitwirkung von Kapitularen eines Naumburger Sekundärstifts, errichten. Dem europäischen Orden öffneten sich andere Ausblicke als dem sächsisch-thüringischen Kapitel. Fügen wir aber sofort hinzu — um Mißverständnisse auszu­schlißen: Mitteldeutschland erlebte bekanntlich ge­rade in dieser Zeit, in der ersten Hälfte und um die Mitte des 13. Jahrhunderts, einen Höhepunkt der Entwicklung, der Skulptur. III. Auch der Schlußstein des Gewölbes über dem Chorjoch des Meißener Doms, in dem die Standbilder der Patrone und Stifter stehen, soll noch kurz zur Sprache kommen. Er ist dem Pförtner und dem Naum­burger noch immer sehr eng verwandt, aber doch in charakteristischer Weise jünger nicht nur als der Naumburger, sondern auch als der Pförtner. Der Dekor besteht wieder aus Weinlaub mit Trauben. Vier kleinere Blätter im Zentrum, deren Stiele zu dem Anfang einer Spirale zusammenlaufen und auf solche Weise den Mittelpunkt markieren, werden von acht sehr viel größeren gerahmt, die durch dazwischen­gelegte Trauben zu vier Gruppen aus je zwei Blät­tern zusammengefaßt sind. Das organische Wachstum von Blatt- und Traubenstielen, die aus einem Ast (5) Die Grundsteinlegung ist inschriftlich bezeugt. Vgl. dazu SCHUBERT 1965b, Nr. 342, 2 - 3. - Der Wortlaut besagt (die Kürzungen sind hier bereits aufgelöst) : Anno Domini MGGLI, XII die ante Kalendas Április positum est fundamentum, huius sanctuarii — Im Jahre des Herrn 1251, am 21. März, ist das Fundament zu diesem Sanktuarium gelegt worden. Die Inschrift be­findet sich am südöstlichen Strebepfeiler des Chors. Es ist verwirrend und war für seine Schlüsse ver­hängnisvoll, daß D. Schubert (1974, 81) daraus schloß: „Die Vollendung der Chorarchitektur mit den Stifterfiguren (in Naumburg) . . . muß in die Jahre vor und um 1249 — 51 fallen, da der stilgleiche Chor der Klosterkirche im benachbarten Schulpforta das Datum 1251 trägt." Der Pförtner Chor ist nicht 1251 datiert, sondern erlebte in diesem Jahre erst seine Grundsteinlegung. Er ist natürlich auch nicht stilgleich mit dem Naumburger Westchor. Ich er­spare mir hier, auf weitere Irrtümer Dietrich Schu­berts im Zusammenhang mit dem vorliegenden Problem hinzuweisen. — Die Urkunden der Weihe von 1268 publizierte schon С о r s s e n (1868, 287 — 294). Über den Bauprozeß vgl. D e h i о (1976, 219). Eine ausführlichere Darstellung der Baugeschichte auf Grund neuer archäologischer Untersuchungen und baugeschichtlicher Forschungen planen Gerhard Leopold und Ernst Schubert. 171

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